Russland: Moskaus Bürgermeister:Die lange Karriere des Jurij Luschkow

Alleinherrscher von Moskau: Jurij Luschkow regierte 18 Jahre lang die russische Hauptstadt - seine Frau wurde in dieser Zeit zur reichsten Frau des Landes. Seine Karriere in Bildern.

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18 Jahre lang war Jurij Luschkow Alleinherrscher von Moskau - nun wurde er von Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew entlassen. Die Karriere des einst einflussreichen Bürgermeisters in Bildern. Nach einer langen Schmutzkampagne gegen Jurij Luschkow ging es plötzlich ganz schnell. Präsident Dmitrij Medwedjew hat den einflussreichen Moskauer Bürgermeister entlassen. Er habe das Vertrauen in den 74-Jährigen verloren, sagte der Präsident bei einem Staatsbesuch in China dem russischen Staatsfernsehen. Eine gemeinsame Arbeit könne er sich unter diesen Umständen nicht mehr vorstellen. Der 1992 ins Amt gekommene Luschkow galt lange Zeit als enger Vertrauter von Regierungschef Wladimir Putin, der ihm zuletzt die Unterstützung verweigerte.

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Vor kurzem hatte der Kreml dem wegen Vorwürfen der Korruption und Vetternwirtschaft in der Kritik stehenden Moskauer Bürgermeister Luschkow nach eigenen Angaben eine "Bedenkzeit" eingeräumt. In einer beispiellosen Medienkritik berichtete die Staatspresse fast täglich über Luschkows undurchsichtige Verflechtungen.

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Das sie sich nicht gut verstehen, war nie ein Geheimnis: Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew und Moskaus Bürgermeister Jurij Luschkow (links). Das russische Staatsfernsehen NTW thematisierte erstmals seit Jahren die von unseriösen Machenschaften geprägten Strukturen unter Luschkow. Analysten vermuten den Kremlchef hinter den Fernseh-Attacken.

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Dass Medwedjew den seit 18 Jahren regierenden Luschkow nun entlassen hat, kommt nach Ansicht von Beobachtern einem politischen Erdbeben gleich und gilt als ein erster echter Beweis für Medwedjews Unabhängigkeit im Machtkampf gegen seinen Vorgänger - und möglichen Nachfolger - Wladimir Putin.

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Luschkow wurde 1992 noch unter Boris Jelzin erstmals zum Bürgermeister der Zehn-Millionen-Metropole bestimmt und versteht sich gut mit dem heutigen Premier Wladimir Putin - immerhin organisiert Luschkow in der Hauptstadt stabile Mehrheiten für die Partei "Einiges Russland". Putin ist Vorsitzender der Regierungspartei und Luschkow gehört zum Führungskreis. Die Aufnahme zeigt den studierten Öl- und Gas-Experten eben Putin - kurz nachdem dieser Ende 1999 von Jelzin zu seinem Nachfolger bestimmt wurde.

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Luschkow präsentierte sich seinen Bürgern gern als zupackender Krisenmanager - hier gibt er nach den Anschlägen in der Moskauer U-Bahn im März 2010 ein Interview. Die im Staatsfernsehen NTW gesendete Polemik trug den Titel "Die Schirmmützen-Affäre" - und spielt auf das Markenzeichen des 73-Jährigen an.

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Luschkow gibt sich oft als einfacher Mann, der leiblichen Freuden wie dem Genuss von Bier und Essen nicht abgeneigt ist. Dass Luschkow Homosexuelle mit Satanisten verglichen hat, Schwulenparaden auseinandertreiben und Bürgerrechtsproteste niederknüppeln ließ, störte die meisten Moskowiter nicht.

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Bei diesem Bierfest 2001 legte sich Luschkow mächtig ins Zeug. Dass er laut überlegte, die Flüsse Sibiriens zur Bewässerung der Steppe umzuleiten und den Schnee mit Hilfe von Flugzeugen vor Moskaus Toren abregnen zu lassen, amüsierte die Menschen eher. Allerdings waren viele Moskowiter sauer, als Luschkow im August diesen Jahres nicht aus dem Urlaub in Österreich zurückkehrte, obwohl seine Stadt an Hitze und Smog schier zugrunde ging. Später offenbarte er seine wahre Sorge: Der Hobby-Imker hatte sich vor allem Gedanken um seine Bienen gemacht.

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(Foto: AFP / sueddeutsche.de)

Auch die Tatsache, dass Luschkows Ehefrau Jelena Baturina als Bauunternehmerin zur reichsten Frau Russlands wurde und vor allem rund um die Hauptstadt Geschäfte macht, ist allgemein bekannt. Die Frage, wie Baturina ihre laut Forbes 2,2 Milliarden US-Dollar verdient hat, wird jedoch nur selten gestellt. Baturina ließ am Montag über einen Pressesprecher ihrer Firma Inteko erklären, sie werde notfalls vor Gericht ziehen, um ihre "Ehre, Würde und geschäftliche Reputation" zu verteidigen.

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In seinen 18 Jahren als Bürgermeister hat Luschkow viele Personen getroffen - und Ehrungen eingeheimst: 2006 erhielt er aus der Hand von Bayerns damaligem Ministerpräsidenten Edmund Stoiber den Bayerischen Verdienstorden. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Freistaat und Russland sind traditionell eng.

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Medwedjew hätte in den Regionen gerne junge Technokraten an der Macht. Noch vor kurzem hatte die Süddeutsche Zeitung analysiert, Medwedjew fehle die Macht, um Luschkow abzusetzen und der demokratische Wille, um über ihn in freien Wahlen urteilen zu lassen. Deshalb habe man sich im Kreml fürs Fernsehen entschieden. Statt Luschkow noch im Niedergang als Symbol für ein fossiliertes politisches System beizubehalten hat Medwedjew nun politische Stärke demonstriert - und das Fossil abgesetzt.

© sueddeutsche.de/Matthias Kolb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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