Russland:Mord an Politkowskaja angeblich aufgeklärt

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Der Mörder der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja ist Moskauer Medienberichten zufolge identifiziert: Demnach soll ein 30-jähriger Tschetschene die unbequeme Reporterin erschossen haben.

Die kremlkritische Journalistin Anna Politkowskaja ist Moskauer Medienberichten zufolge vor zwei Jahren von einem 30 Jahre alten Tschetschenen erschossen worden. Das Boulevardblatt Komsomolskaja Prawda veröffentlichte unter Berufung auf informierte Kreise den Namen des mutmaßlichen Mörders. Der Verdächtige soll den Auftragsmord koordiniert haben.

Der Mörder der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja ist angeblich identifiziert (Foto: Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft bestätigte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax am Wochenende erneut, dass der Verdächtige identifiziert sei. Ermittler Wladimir Markin nannte den Namen des mutmaßlichen Täters mit Rücksicht auf die Fahndung nach dem Verdächtigen jedoch nicht.

Menschenrechtler und der russische Journalistenverband hatten darauf hingewiesen, dass die Bekanntgabe von Ermittlungsergebnissen möglicherweise politisch gesteuert sei. "Der Mann ist noch nicht gefasst. Offenbar wurde sein Name veröffentlicht, damit er sich besser in Sicherheit bringen kann", kritisierte die Anwältin der Familie Politkowskaja, Anna Stawizkaja, die Medienberichte.

Der Radiosender Echo Moskwy berichtete, der Tschetschene sei der Bruder von zwei bereits inhaftierten mutmaßlichen Tatbeteiligten. Einzelheiten über den Mann wurden zunächst nicht genannt.

Die russische Justiz hat nach eigenen Angaben bisher Anklage gegen neun mutmaßliche Tatbeteiligte erhoben. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte berichtet, dass zu dem Mordfall 60 Zeugenaussagen sowie fünf gerichtliche Gutachten vorlägen. Die Ermittlungen sollen im September abgeschlossen werden.

Angeblich Spuren bis in den Kreml

Bereits Ende August 2007 hatte Generalstaatsanwalt Juri Tschaika die "Aufklärung des Mordfalls" verkündet. Nach seinen Worten sollten Tschetschenen sowie "Staatsfeinde im Ausland" die Journalistin ermordet haben. Bis heute halten sich Spekulationen, dass die Spuren bis in den Kreml führen.

Die 48-jährige Politkowskaja war am 7. Oktober 2006 kurz vor ihrer Wohnung erschossen worden. Sie hatte vor allem aus der von Kriegen zerstörten Teilrepublik Tschetschenien über Menschenrechtsverletzungen durch russische und tschetschenische Sicherheitskräfte berichtet.

Bei den Recherchen hatte sich die Reporterin nach Angaben ihrer Zeitung - der regierungskritischen Nowaja Gaseta - viele Feinde gemacht. Der Mord löste international Bestürzung aus.

Unterdessen nahmen Ermittler in der zentralasiatischen Republik Tadschikistan am Wochenende drei Verdächtige fest, die den Fernsehjournalisten Iljas Schurpajew (32) Mitte März in Moskau getötet haben sollen.

Schurpajew hatte regelmäßig aus der Unruheregion Dagestan berichtet, die wie Tschetschenien im Nordkaukasus liegt. Nach Angaben des russischen Journalistenverbandes kamen in den vergangenen 15 Jahren mehr als 200 Journalisten in Russland ums Leben. Die meisten Todesfälle seien nie aufgeklärt worden.

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