Russland:Gazprom stoppt Export in die Ukraine

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Der Gasfluss aus Russland stockt: ein Mitarbeiter des ukrainischen Unternehmens UkrTransGaz. (Foto: Vincent Mundy/Bloomberg)

Russland will der Ukraine ohne Vorauszahlung kein Gas mehr liefern. Die EU reagiert gelassen, muss sich aber auf Streit mit Russland einstellen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Nachbarländer Russland und Ukraine kappen in immer stärkerem Umfang ihre Verbindungen. So stoppte wegen ausbleibender Vorauszahlungen der russische Gazprom-Konzern am Mittwoch seine Gaslieferungen an die Ukraine. Diese will unabhängig werden von russischen Lieferungen. Außerdem sperrte die Ukraine ihren Luftraum komplett für russische Flugzeuge. Schon vor einigen Wochen hatte sie Landeverbote verhängt. Der Streit zwischen beiden Ländern hatte sich verschärft, nachdem Unbekannte Strommasten zerstört hatten und damit die Versorgung der von Russland annektierten Halbinsel Krim unterbrachen.

In der Vergangenheit waren durch unterbrochene Gaslieferungen an die Ukraine auch EU-Staaten in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Europäische Union reagiert diesmal allerdings gelassen. "Wir sind im Moment nicht besonders besorgt", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Der Gasfluss durch die Ukraine in die EU laufe normal. Sowohl in Kiew als auch in Brüssel wurde betont, dass die Ukraine derzeit ohne russisches Gas auskomme. Die Ukraine nutzt sowohl Gas aus eigener Produktion als auch Lieferungen aus der Slowakei. Auch die Gasspeicher seien ausreichend gefüllt.

Keine Stellungnahme gab es in Brüssel zunächst zum Verbot russischer Transitflüge über die Ukraine. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk begründete in Kiew den Schritt mit der nationalen Sicherheit. Moskau könne den Luftraum für "Provokationen" nutzen, sagte er. Zuletzt hat sich die Lage im Osten der Ukraine verschärft, wo sich von Russland unterstützte Separatisten und ukrainische Streitkräfte gegenüberstehen.

Ungeachtet der gelassenen Reaktion auf den Stopp der Gaslieferungen an die Ukraine muss sich die EU in den nächsten Wochen auf Streit mit Moskau einstellen. So tritt am 1. Januar der Freihandelsteil des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU in Kraft. Russland sieht seine Interessen durch das Abkommen bedroht und hatte Druck auf den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch ausgeübt, das Abkommen nicht zu unterschreiben. Dies hatte Massenproteste und den Sturz Janukowitschs ausgelöst, was Russland zum Anlass nahm, die Krim zu annektieren. Dreiseitige Verhandlungen zwischen der EU, Russland und der Ukraine zum Freihandelsabkommen haben bisher zu keiner Verständigung geführt.

Im Dezember steht überdies eine Entscheidung über die Verlängerung der Sanktionen an, welche die EU wegen Russlands Rolle im Krieg in der Ostukraine verhängt hatte. Sie treffen vor allem den russischen Finanzsektor und gelten noch bis Ende Januar. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die EU-Staaten eine sechsmonatige Verlängerung beschließen. Eine Lockerung der Strafmaßnahmen hatten die Staats- und Regierungschefs an die Umsetzung des Minsker Abkommens gekoppelt, das für Frieden im Osten der Ukraine sorgen soll. Russland sieht sich dabei nach den Worten seines EU-Botschafters Wladimir Tschischow nicht in der Pflicht. "Nicht wir müssen das in Ordnung bringen. Es ist ein Problem, das wir nicht geschaffen haben. Die EU hat es geschaffen", sagte er der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf die Sanktionen. Hauptsächlich sei nun die Ukraine gefragt, auf sie solle die EU Druck ausüben.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte unlängst bekräftigt, dass er eine Rückkehr zur Normalität in den Wirtschaftsbeziehungen zu Russland anstrebt. Er lasse Möglichkeiten der Kooperation zwischen der EU und der von Russland geführten Eurasischen Wirtschaftsunion prüfen, hatte er in einem Brief an Kremlchef Wladimir Putin mitgeteilt. "Handel ist ein wichtiges Element unserer Beziehungen", schrieb er. Als Bedingung nannte er die Umsetzung des Minsker Abkommens.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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