Russland:Eingepreist

Moskau weist wie der Westen Diplomaten aus. Eskalation sieht anders aus.

Von Daniel Brössler

Es ist keine Überraschung, dass Russland nun 60 amerikanische Diplomaten des Landes verweist. Überraschend wäre es nur gewesen, hätte die Führung in Moskau die Ausweisungen ihrer Diplomaten aus den USA und vielen weiteren Staaten des Westens nicht genau spiegelbildlich beantwortet. Diese Gegenmaßnahmen hatte der Westen von vorneherein eingepreist, weshalb es nicht zutreffend ist, nun von einer weiteren Eskalation zu sprechen. Das gilt auch für die angeordnete Schließung des US-Konsulats in Sankt Petersburg, dessen Auswirkungen vor allem Russen zu spüren bekommen werden, die sich um Visa für die USA bemühen.

Die Konsequenzen für das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen sind schwerer einzuschätzen. Bei den ausgewiesenen Diplomaten dürfte es sich auf beiden Seiten im Wesentlichen um Geheimdienstleute handeln. Das reißt vermutlich auf Jahre hinaus große Löcher in die nachrichtendienstlichen Netze der Russen in den USA und Großbritannien sowie umgekehrt der westlichen Länder in Russland. Wer in dieser Schattenwelt den größeren Schaden davonträgt, ist für Nichteingeweihte schwer zu beurteilen.

In jedem Fall steht Russland vor den Scherben seiner Westpolitik. Kremlchef Wladimir Putin hatte darauf gesetzt, dass ein Sieg seines naiven Bewunderers Donald Trump ihm in die Hände spielen würde. Je mehr aber bekannt wird über russische Einmischung in den US-Wahlkampf, desto weniger kann der Präsident sich im Fall Skripal den Anschein von Schwäche erlauben.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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