Russland:Das Risiko steigt

Die Regierung straft und schreckt so Demonstranten ab.

Von Frank Nienhuysen

Für eine kompromisslos harte Linie hat sich der russische Staat entschieden: Wieder gab es in Moskau Hunderte Festnahmen, die Proteste werden jetzt verschärft als "Massenunruhen" eingestuft, einige Oppositionelle als vermeintliche Anstifter herausgepickt. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen. Die Botschaft ist klar: Einschüchterung, die Kriminalisierung der Proteste, die Warnung an alle Russen, sich nicht zu beteiligen an ungenehmigten Demonstrationen.

Vermutlich wird diese Strategie sogar Erfolg haben, denn mit dem massiven Eingreifen der Polizei und den drohenden juristischen Folgen für die Teilnehmer treibt der Staat den Preis nach oben. Er weiß aus den Erfahrungen der Gorbatschow-Zeit und dem Protestwinter 2011/12, dass liberale Phasen die Menschen selbstbewusst machen und auf die Straße bringen. Das will man jetzt unter allen Umständen verhindern.

Noch verfolgen viele Russen im Protest gegen die Regionalwahlen ein konkretes, greifbares Ziel: Sie wollen anprangern, dass es keine unabhängigen Kandidaten gibt, sie beklagen den Eingriff in ihr Wahlrecht. Doch der Protest könnte schnell zerfallen, aus Angst oder Resignation. All dies ändert nichts an der wachsenden Kluft zwischen der Führung und jenem Teil der Bevölkerung, vor dem sie sich offenbar ängstigt.

© SZ vom 05.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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