Russland:Ausgesperrt

Die Opposition ist ihrem Ziel, fairen Wahlen, trotz der vielen Proteste kein Stück näher gekommen.

Von Silke Bigalke

Vor sechs Wochen standen einige Oppositionspolitiker vor dem Amtssitz des Moskauer Bürgermeisters und klopften an die Tür. Sie taten das aus Protest, weil sie nicht zur Wahl für das Stadtparlament zugelassen worden waren. Sechs Wochen und viele Protestmärsche später wird nun abgestimmt, in Moskau und anderen Regionen. Die Opposition aber steht immer noch vor der Tür. Sie findet keinen Weg hinein, sie klopft nicht mal mehr richtig.

Die Wahl am Sonntag wird wieder eine ohne wirkliche Alternativen. Dafür sorgt ein abgekartetes Spiel, mit dem der Kreml bestimmt, wie viel Konkurrenz er zulässt. Er wählt Kandidaten aus, die ihm nicht gefährlich werden können, weil sie zum System gehören. Der Herausforderer für den Gouverneursposten in Sankt Petersburg etwa zog sich zurück, als seine Chancen zu groß wurden. Echte Konkurrenten werden dagegen durch Regeln und Tricksereien wie die der Moskauer Wahlkommission ausgefiltert.

Zwar lassen sich immer weniger Wähler dadurch täuschen, das zeigen die Proteste der letzten Wochen. Aber die Opposition ist ihrem Ziel, fairen Wahlen, kein Stück näher gekommen. Stattdessen streitet sie nun darüber, wie es weitergehen soll. Manche empfehlen, am Sonntag taktisch zu wählen. Sie wollen für Kandidaten stimmen, die Opposition zumindest simulieren, egal für welche Politik diese stehen. So glauben die Kremlkritiker, der Regierungspartei einen Denkzettel verpassen zu können. Eine politische Strategie ist das nicht, und daher auch keine echte Alternative.

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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