St. Petersburg:Russland gibt Kiew Schuld an Mordanschlag auf Militärblogger

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Der russische Militärblogger Maxim Fomin, der unter dem Namen Wladlen Tatarskij bekannt war, wurde bei einem Anschlag in St. Petersburg getötet. (Foto: Telegram@VladlenTatarskybooks/via Reuters)

Bei einer Veranstaltung in einem Café detoniert ein Sprengsatz, der Militärblogger Wladlen Tatarskij wird getötet, eine junge Frau später festgenommen. Moskau beschuldigt Kiew, aber Wagner-Chef Prigoschin geht nicht von einer ukrainischen Beteiligung aus.

Was genau ist am Sonntag in der "Stritfud-Bar No.1" in Sankt Petersburg passiert? Klar ist, dass es in dem Café eine heftige Explosion gab. Ein Mann starb, mehr als 30 weitere wurden verletzt. Zehn Personen befinden sich in ernstem Zustand, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Gesundheitsministerium.

Der Tote wird als der russische kremlnahe Militärblogger Wladlen Tatarskij identifiziert. Der 40-Jährige heißt mit bürgerlichem Namen Maxin Fomin und stammt aus dem Donbass in der Ostukraine. Er hatte zu einem "patriotischen Abend" in das Café geladen. Nach ersten Erkenntnissen der Moskauer Ermittler, die sich auf Augenzeugen stützen, ist der Sprengsatz in einer vergoldeten Büste eingebaut gewesen. Diese sei Tatarskij bei dem Treffen als Geschenk von einer Frau überreicht worden, schreiben örtliche Medien. Im Netz zirkuliert ein nicht verifiziertes Video, das zeigen soll, wie Tatarskij diese entgegennimmt. Eine Frau ist darauf nicht zu sehen.

Währenddessen macht Russland ukrainische Geheimdienste für den tödlichen Anschlag verantwortlich: Diese hätten den "Terroranschlag" geplant, teilte das Anti-Terror-Komitee am Montagvormittag mit. Eine 26-Jährige sei unter Mordverdacht festgenommen worden. Sie soll mit der Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung stehen. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin. Sie sei bereits im vergangenen Februar vorübergehend in Gewahrsam genommen worden, nachdem sie sich gegen den Krieg in der Ukraine positioniert hatte, hieß es.

Prigoschin beschuldigt "Gruppe von Radikalen"

Der Chef der russischen Söldnerarmee "Wagner", Jewgenij Prigoschin, sieht dagegen eine Gruppe von Radikalen hinter der Explosion. "Ich würde nicht dem Regime in Kiew die Schuld geben an diesen Handlungen", schreibt Prigoschin auf Telegram. Das Lokal steht in Verbindung mit Prigoschin, wie dieser selbst bestätigt. Er habe das Café einer "patriotischen Bewegung" überlassen, die es wiederum für verschiedene Veranstaltungen genutzt habe. Prigoschin lobte den getöteten Blogger als Patrioten und ließ auf dem Verwaltungsgebäude in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut eine russische Flagge hissen - mit Tatarskijs Namen auf dem Stoff.

Tatarskij hatte von 2014 an zunächst als prorussischer Aufständischer im Donbass gekämpft, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten. Er soll mehr als 560 000 Anhänger auf Telegram haben.

© SZ/Reuters/dpa/gut - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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