Rundfunkgebühren:Alles so gewollt

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ARD, ZDF und Deutschlandradio bekommen immer mehr Geld. Die Folge ist, dass sie immer noch mehr wollen. Darüber kann man sich voller Routine beklagen. Aber nur so lässt sich ein System bewahren, an das sich alle prächtig gewöhnt haben. Auch das Publikum übrigens.

Von Claudia Tieschky

Es ist eine enorme Zahl: 1,59 Milliarden Euro. Reichtum per Gesetz. 1,59 Milliarden mehr bringt der neue Rundfunkbeitrag nach aktuellen Schätzungen in den ersten vier Jahren, von 2013 bis 2016, für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Das Geld sammelt sich gerade auf einem Sperrkonto als Reserve. Nur: Noch nicht mal ganz da, ist es auch schon wieder verplant und eingepreist, aufgeschlürft vom öffentlich-rechtlichen System wie ein kleiner Espresso.

Das ist die Lehre aus den neuesten Mitteilungen von ARD und ZDF, die jetzt ihre Finanzwünsche für den nächsten Vierjahreszeitraum beziffern. Und schon wieder droht 2017 eine höhere Abgabe. Darüber kann man sich empören, über diesen Immer-mehr-Mechanismus, der einfach nicht zu stoppen ist. Es ist dann auch egal, ob nun die ARD noch etwas mehr zu brauchen meint als die Reserve auf dem Konto, und das ZDF gerade mal so klarkommen will mit dem Reichtum. Ja, es stimmt, das Geld hat im April zu einer Senkung der Abgabe geführt - die erste in der Geschichte des deutschen Rundfunks, das klang gut. Aber bald wird sie nur noch wahrnehmbar sein als Delle in der Statistik.

Freier Rundfunk ist ein hohes Gut. ARD, ZDF und Deutschlandradio sind für die Bürger auch ein teures Gut. In der öffentlich-rechtlichen Logik von heute ist es völlig normal, dass nach ein paar Jahren mit Nullrunden jetzt wieder mehr Geld verlangt wird. Und dass früher oder später eben der Beitrag steigt.

Die Gebührenkommission KEF wird die Finanzanmeldung auch diesmal prüfen, Wünsche streichen und die Anstalten penibel zu Wirtschaftlichkeit zwingen. Aber sie kann nicht das System verändern. Und dieses System ist zum Erhalt seiner zwei nationalen TV-Programme und neun Landesrundfunkanstalten, seiner Sportrechtekosten und Moderatorenhonorare, aber auch seiner Radiokultur und seiner Bildungsprogramme ausgelegt - also auf stetig steigende Beiträge. Ändern lässt sich das nur, wenn wirklich alles anders wird als das, woran man sich gewöhnt hat. Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk dazu fähig? Und will das auch das Publikum?

Die radikalste Reform findet jedenfalls gerade im ZDF statt, der Sender macht mit Unterstützung des Tochterkanals Neo und kreativ eher wilderen Fachkräften wie Jan Böhmermann vor, dass Öffentlich-Rechtlich nicht Fernsehen mit der Altersbeschränkung "Frei ab 60" sein muss. Das klingt selbstverständlich, es kostet aber Zuschauerzahlen, sicher gelegentlich auch die Nerven des Intendanten - und es stellt das Dogma von der Quote infrage.

Von mindestens so einer Kühnheit müsste eine Reform sein, die an der Höhe der Abgabe spürbar etwas ändern würde. Die müsste tatsächlich von der Politik ausgehen: Es sind die Länder, die im Rundfunkstaatsvertrag Pflichten und Gestalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorschreiben - und diese Gestalt üppig und behäbig gemacht haben.

Kühn wäre die Zusammenlegung der neun Landesrundfunkanstalten der ARD zu wenigen Häusern, die trotzdem regionale dritte Programme produzieren. Dass es so weit kommt, ist aber so unwahrscheinlich wie eine Zusammenlegung von Bundesländern. Zuletzt scheiterte die Fusion von Berlin und Brandenburg am Widerstand der Bürger. Es war ein Widerstand, der mit Identität zu tun hat - und um Heimatgefühle geht es auch bei den Dritten Programmen. Und dann halten Politiker aller Couleur die Landessender auch noch für eine Art Pfründe. Dahoam is dahoam heißt eine Serie im Bayerischen Rundfunk. Und genau das ist die Devise: Da komm i vor, da bin i dahoam.

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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