Kampf gegen Korruption:Die Rumänen haben den Regierenden eine Lektion erteilt

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Papp-Politiker in Häftlingskluft: Viele Rumänen feiern die Verurteilung des korrupten Regierungschefs Liviu Dragnea. (Foto: dpa)

Seit Jahren demontieren die Postkommunisten den Rechtsstaat. Doch bei der Europawahl strafen die Wähler sie dafür ab. Und am Morgen danach schickt das Oberste Gericht Parteichef Dragnea ins Gefängnis.

Kommentar von Florian Hassel, Warschau

Es ist eine Gruselshow, was sich in den vergangenen Jahren in der rumänischen Politik zugetragen hat. Die durch und durch korrupten Postkommunisten der PSD gewannen Ende 2016 mit purem Populismus die Wahl - seither demontierten sie konsequent den ohnehin nur wenig gefestigten Rechtsstaat.

Der Angriff auf die Unabhängigkeit von Staatsanwälten und Richtern hat ein vorrangiges Ziel: Der vorbestrafte PSD- Chef Liviu Dragnea - ein von Ideologie und Skrupeln gleichermaßen freier Herrscher über Partei, Parlament und Regierung - sollte vor dem Gefängnis bewahrt werden. Hunderttausende Rumänen protestierten dagegen, die PSD machte einfach weiter. Lange sah es so aus, als könne sich die Regierung ihren Verbleib an der Macht durch Wahlgeschenke erkaufen, auch wenn diese den Haushalt ruinieren.

Doch jetzt haben die Rumänen ihren Regierenden eine demokratische Lektion erteilt, wie man sie sich auch in anderen Ländern, etwa in Polen, wünschen würde: Die Postkommunisten wurden bei der Europawahl halbiert, sie erzielten das schlechteste Ergebnis der vergangenen drei Jahrzehnte. Und am Morgen danach schickte das Oberste Gericht Dragnea endlich ins Gefängnis.

Erst einmal sind es positive Signale

Ob der böse Geist der rumänischen Politik tatsächlich hinter Gittern bleibt, muss sich freilich erst erweisen. Denn die tapferen Richter des Obersten Gerichts gehören zu einer der letzten Bastionen der Justiz, die noch nicht von Dragnea kontrolliert wird. Die parteinahen Mitglieder des Verfassungsgerichts etwa könnten den PSD-Chef mit einem juristischen Taschenspielertrick wieder auf freien Fuß setzen. Sie müssten nur die Auswahl der Richter für den Prozess gegen Dragnea nachträglich für verfassungswidrig erklären.

Doch egal wie die Sache vor Gericht ausgeht, Dragneas politisches Ende ist nahe. Das katastrophale Ergebnis der Europawahl reichte, damit prominente PSD-Politiker endlich dessen Sturz fordern. Dieser ist nur eine Frage der Zeit. Auch Ministerpräsidentin Viorica Dăncilă, eine Marionette Dragneas ohne politische Kompetenz, wird in der PSD nur überleben, bis sich politische Schwergewichte in Stellung gebracht haben.

Allerdings ist es auch zu früh aufzuatmen. Denn etliche wichtige Politiker aus dem Regierungslager müssen befürchten, wegen Korruption oder Amtsmissbrauchs im Gefängnis zu landen. Sie dürften den Feldzug gegen unabhängige Staatsanwälte und Richter fortsetzen. Dafür haben sie noch Zeit, Rumänien wählt erst Ende 2020 ein neues Parlament.

Trotzdem sind es erst einmal positive Signale, dass die Rumänen die Postkommunisten bei der Europawahl politisch abgestraft haben und der PSD-Chef ins Gefängnis einrücken musste.

Die dritte gute Nachricht ist, dass die neue, aus zwei zentristischen Reformparteien bestehende "Allianz 2020" aus dem Stand 22 Prozent der Stimmen geholt hat. Deren Führer Dan Barna und Dacian Cioloș gehören zu den integren Politikern des Landes. Zusammen mit der Oppositionspartei PNL könnten sie 2020 eine der schlechtesten Regierungen in der rumänischen Geschichte endlich aus dem Amt fegen - und durch eine Koalition ersetzen, die ihren Bürgern verpflichtet ist, statt einem korrupten Parteibaron.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Seitdem die korrupten Postkommunisten der PSD Ende 2016 die Wahl gewannen, demontierten sie den Rechtsstaat, kommentiert SZ-Autor Florian Hassel. Doch die Rumänen haben ihren Regierenden eine demokratische Lektion erteilt.

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