Rückholaktion aus Syrien:Zurück in der alten Heimat

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Frauen ehemaliger IS-Kämpfer im Lager Al Hol in Syrien. (Foto: Delil Souleiman/AFP)

"Um humanitäre Fälle, vor allem um Waisen und Kinder" handle es sich, sagt Außenminister Heiko Maas. Drei Frauen und zwölf Kinder wurden aus Lagern für ehemalige Angehörige von IS-Kämpfern in Syrien nach Deutschland geholt. Eine Frau wurde gleich am Flughafen Frankfurt festgenommen.

Von Daniel Brössler, Berlin

In einer gemeinsamen Aktion mit Finnland hat Deutschland drei Frauen und zwölf Kinder aus Lagern ehemaliger Angehöriger der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) im Nordosten Syriens zurückgeholt. Das Auswärtige Amt bestätigte am Sonntag, dass die Frauen und Kinder, unter ihnen sieben Waisen, aus den Lagern Roj und Al Hol in Deutschland eingetroffen seien. Sie seien nach Einschätzung der deutschen und insbesondere auch der lokalen Behörden als besonders schutzbedürftig eingestuft gewesen.

Eine der Frauen wurde bei ihrer Ankunft am Flughafen Frankfurt am Main von Polizisten aus Sachsen-Anhalt festgenommen. Der Generalbundesanwalt wirft der jungen Deutschen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und einen Verstoß gegen das Waffengesetz vor.

Die Aktion war monatelang vorbereitet

"Die gestrige Rückholaktion war ein Kraftakt, dem Monate intensiver Vorbereitungen und Abstimmungen vorausgingen", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Sonntag. Die ohnehin schwierige Lage im Nordosten Syriens sei durch die Kampfhandlungen des vergangenen Winters und die Corona-Pandemie in diesem Jahr "noch prekärer" geworden. Es handele sich "um humanitäre Fälle, vor allem um Waisen und Kinder mit Erkrankungen", sagte Maas. Bei der gemeinsamen Aktion wurden auch sechs Kinder und zwei Frauen nach Finnland gebracht. Es handelte sich um die bislang größte Rückholaktion des Auswärtigen Amtes aus Syrien.

Er sei "sehr erleichtert" über die gelungene Rückholung, betonte Maas. "Diese frohe Nachricht kurz vor Weihnachten stimmt zuversichtlich, dass wir auch in weiteren Fällen eine Rückkehr ermöglichen können", sagte Maas. Dafür werde man sich "in den kommenden Wochen und Monaten einsetzen". Schätzungen zufolge befinden sich in den Lagern im Nordosten Syriens noch 80 erwachsene und mehr als hundert minderjährige Bundesbürger mit "IS-Bezug".

Als 15-Jährige dem IS angeschlossen

Bei der Festgenommenen handelt es sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft um Leonora M., die als 15-Jährige im März 2015 nach Syrien ausgereist sei und sich dort dem IS angeschlossen habe. Nach ihrer Ankunft in Syrien habe sie einen Angehörigen des IS-Geheimdienstes geheiratet und sei dessen "Drittfrau" geworden. Neben der Erziehung zweier gemeinsamer Kinder habe sie zeitweise auch in einem IS-Krankenhaus gearbeitet. Vom IS habe sie in dieser Zeit eine Pistole bekommen.

Zur Last gelegt wird der Frau insbesondere ihre Rolle bei der Versklavung einer Jesidin durch ihren Mann "mit dem Ziel, diese nebst ihren beiden Kindern gewinnbringend weiterzuveräußern". Die Deutsche habe sich zu diesem Zweck "gezielt" darum bemüht, den schlechten Allgemeinzustand der jesidischen Frau zu verbessern und außerdem versucht, sie zu einem Islam nach dem Verständnis des IS zu bekehren.

Aufgrund der anhaltenden Kämpfe um Raqqa sei Leonora M. zusammen mit ihrem Ehemann und den zwei gemeinsamen Kindern im Sommer 2017 aus der Stadt geflohen und sei im Januar 2019 mit ihren beiden Kindern in ein Flüchtlingslager gekommen. Die Frau sollte noch am Sonntag einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Gegen die beiden anderen zurückgeholten Frauen lag kein Haftbefehl vor.

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