Rom:Weg frei für Parlamentswahl in Italien

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Anfang März sollen Abgeordnetenhaus und Senat neu bestimmt werden. Premier Paolo Gentiloni führt weiter die Geschäfte.

Von Oliver Meiler, Rom

In Italien beginnt eine Phase der politischen Ungewissheit, die in der Neubestellung des Parlaments im Frühjahr gipfeln wird. Premier Paolo Gentiloni hat seine Pressekonferenz zum Jahresende am Donnerstag dafür genutzt, auch Bilanz zu ziehen über fünf Regierungsjahre des sozialdemokratischen Partito Democratico. Er beschloss damit faktisch die Legislaturperiode. Gentiloni begab sich dann zum Quirinalspalast zu Staatspräsident Sergio Mattarella. Dieser löste am Abend per Dekret das Parlament aus zwei Kammern formell auf, was auch den Wahlkampf einläutet. Gewählt werden soll am 4. März.

Bis dahin regiert Gentiloni als geschäftsführender Premier weiter. "Italien schaltet jetzt nicht auf Pause", sagte er. Die Botschaft galt ebenso den Bürgern wie den besorgten Märkten und Partnern in Europa. Wirtschaftlich wächst zwar Italien wieder. Doch seine gigantische Staatsverschuldung verursacht im Ausland unvermindert große Bedenken. Gentiloni gilt als Stabilitätsfaktor. Seitdem der Römer im Amt ist, erwarb er sich mit seiner ruhigen und beruhigenden Art viel Gunst, selbst bei politischen Gegnern. Das macht ihn nun zur "Riserva della Repubblica" - zum Ersatzspieler für alle Fälle, denn möglicherweise könnte seine Geschäftsführung deutlich über den Wahltermin hinaus dauern.

Seit Monaten hat in Umfragen keiner der drei großen politischen Blöcke - Mitte-Links, Mitte-Rechts und die Protestpartei Cinque Stelle - eine reelle Aussicht, genug Stimmen zu gewinnen, um alleine regieren zu können. Und Allianzen über die Gräben der Blöcke hinweg erscheinen noch sehr hypothetisch. Die absehbare Zersplitterung ist Folge des neuen Wahlgesetzes "Rosatellum": Es besteht aus zwei Drittel Verhältnis- und einem Drittel Mehrheitswahlsystem. Die Zeitung La Repubblica schrieb, Italien stehe vor den "ungewissesten Wahlen" seiner republikanischen Geschichte.

Die meisten Stimmen dürften die Fünf Sterne erzielen, nach jüngstem Stand 26 Prozent. Sie weigerten sich bisher aber, mit anderen Parteien zu koalieren. Wahrscheinlicher ist, dass die Sozialdemokraten (etwa 23 Prozent) versuchen, mit Silvio Berlusconis bürgerlicher Forza Italia (16 Prozent) und kleineren Partnern eine große Koalition zu bilden. Doch ob das zu einer regierungsfähigen Mehrheit reichen würde, ist ungewiss. Zudem ist diese Verbindung für viele Linke tabu. Der Wahlkampf kündigt sich als Propagandaschlacht an, die wohl um zwei große Themen kreist: Steuern und Zuwanderung.

Alle Parteien versprechen Steuergeschenke, die sich Italien trotz Aufschwungs gar nicht leisten kann. Am meisten verspricht Berlusconi - wie in seinen früheren Wahlkampagnen. Bei Immigration werden die Sozialdemokraten damit hausieren, dass ihre Regierung es seit Sommer schaffte, die Flüchtlingsströme über das Mittelmeer um ein Drittel zu reduzieren. Die extreme Rechte um Lega-Chef Matteo Salvini wird Stimmung gegen Migranten machen, um auf der Welle der Ressentiments zu reiten, die vor allem am Rand der Gesellschaft zuletzt stark zunahmen.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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