Richtungsstreit bei der Linken:Gegen den Rest der Welt

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Der Reformflügel der Linken kritisiert den Entwurf des Grundsatzprogramms - weil er Koalitionen erschwert. Schließlich wolle man regieren, statt immer nur dagegen zu sein.

Daniel Brössler, Berlin

In der Linken mehren sich die kritischen Stimmen zum Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm der Partei. "Das liest sich wie: Wir gegen den Rest der Welt, die Linke gegen das Kartell der neoliberalen Parteien", sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich der Süddeutschen Zeitung zum Duktus des Entwurfs. Liebich ist Sprecher des Forums demokratischer Sozialismus, in dem sich der Reformflügel der Partei sammelt.

Es müsse darum gehen, für neue gesellschaftliche Mehrheiten zu werben, sagte Liebich. Das am Wochenende präsentierte Papier sei zwar ein "guter Kompromiss und eine Diskussionsgrundlage", es gebe aber noch "ernsthafte Differenzen". Der Entwurf, der für eine neue Wirtschaftsordnung eintritt, war von einer Programmkommission erarbeitet worden. Bis Ende 2011 will die Partei über das neue Grundsatzprogramm entscheiden.

Liebich bemängelte vor allem die im Programmentwurf aufgestellten Hürden für Regierungsbeteiligungen. "Ich finde, dass es sich lohnt, für Regierungsbeteiligungen in Kommunen, Ländern und auf Bundesebene zu streiten", betonte er. Im Entwurf heißt es, die Linke werde sich "an keiner Regierung beteiligen, die Privatisierungen vornimmt, Sozial- oder Arbeitsplatzabbau betreibt". Nicht in Frage kämen auch Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland.

Gegen "rote Linien"

"Wir sollten selbstbewusster sagen, was wir wollen statt rote Linien zu ziehen", forderte Liebich, dessen Berliner Landesverband sich in einer Koalition mit der SPD befindet. Zu gering geschätzt werde im Entwurf auch der Wert des Parlamentarismus. "Wir, die wir aus der DDR kommen, wissen die Fähigkeiten von Parlamenten durchaus zu schätzen", sagte der 37-Jährige. Auch Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sprach sich am Montag gegen "rote Linien" in Bezug auf Regierungsbeteiligungen aus.

Diskutiert werden müsse auch über die Eigentumsfrage, kündigte Liebich an. "Die Linke kämpft für eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse", heißt es im Entwurf. "Einige Kollegen aus den alten Bundesländern setzen zu viel Hoffnung in etwas, was sie so noch nicht hatten und mal ausprobieren wollen. Da muss man die Erfahrung der untergegangenen DDR mit einfließen lassen", forderte er. Er befürworte aber die Vergesellschaftung von Unternehmen etwa im Energiesektor.

Die Erfahrungen mit dem Sozialismus in der DDR müssten indes stärker berücksichtigt werden, verlangte Liebich: "Die DDR ist nicht nur an mangelnder Demokratie gescheitert, sondern auch, weil sie wirtschaftlich nicht lebensfähig war."

© SZ vom 23.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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