Richter:Ab ins rechte Eck

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Schon einmal wollte ein Präsident den Gerichtshof auf Linie bringen. Ronald Reagan ist damals gescheitert. Doch es gibt einen Unterschied zu heute.

Von Reymer Klüver

Geschichte wiederholt sich nicht, und wenn, dann nur ein bisschen. Schon einmal hatte ein Republikaner im Weißen Haus die Chance, die Donald Trump nach dem angekündigten Rückzug von Justice Anthony Kennedy nun nutzen will: die Balance in Amerikas Oberstem Gerichtshof zugunsten der konservativen Sache zu verschieben und die rechte Auslegung der Verfassung auf Jahre hinaus zu zementieren. Damals hieß der Präsident Ronald Reagan, und seine markigen Parolen hatten in den 1980er-Jahren manche Menschen ähnlich verschreckt, wie es jetzt Trumps Twitter-Tiraden bei Millionen tagtäglich tun.

Und so war es auch, als er 1987 seinen Kandidaten für die Nachfolge eines obersten Richters bekannt gab, dessen Stimme als swing vote gegolten hatte - also mal auf Seiten der Konservativen, mal mit den eher liberal gesinnten Richtern stimmend. Denn auch damals galt der Supreme Court als ideologisch in zwei Lager gepalten, so wie heute. Reagan nominierte den stramm konservativen Robert Bork, einen Mann, den die empörten Demokraten als "Extremisten" und konservativen "Ideologen" beschimpften. Im Unterschied zu heute allerdings verfügten die Demokraten damals im Senat über eine solide Mehrheit, die Reagans Extrem-Kandidaten am Ende abservierte.

Obama schaffte es nicht, einen rechten Richter durch einen Moderaten zu ersetzen

Ähnliches passierte US-Präsidenten immer wieder. Zuletzt traf es den Demokraten Barack Obama, der im Wahljahr 2016 einen Nachfolger für den überraschend verstorbenen konservativen Richter Antonin Scalia durchsetzen wollte: Merrick Garland, einen moderaten Mann. Obama hatte sich nicht getraut, einen verlässlichen Linken zu nominieren. Aber es half ihm nichts. Die republikanische Mehrheit im Senat weigerte sich schlicht, den Kandidaten überhaupt anzuhören. Die Verzögerungstaktik zahlte sich für sie aus: Donald Trump zog im Januar 2017 ins Weiße Haus, nominierte den aufrecht konservativen Neil Gorsuch und bekam ihn spielend durch, einer von Trumps wenigen politischen Erfolgen im ersten Amtsjahr. Nun also hat er die Chance, schon seinen zweiten Kandidaten durchzuboxen.

Die meisten Richterposten überhaupt konnte der erste US-Präsident besetzen, der hochverehrte George Washington: elf Justices. Das liegt aber auch daran, dass sich der Supreme Court der gerade gegründeten Vereinigten Staaten erst konstituierte. Dicht gefolgt ist Washington von Franklin D. Roosevelt, der in den 1930er- und 40er-Jahren acht Stellen am höchsten Gericht besetzen konnte. Was wiederum damit zu tun hatte, dass er als einziger Präsident vier Mal ins Weiße Haus gewählt worden ist (die Verfassung begrenzt inzwischen die Amtszeit auf acht Jahre). Weil Amerikaner Statistiken für alle wesentlichen und unwesentlichen Dinge des Lebens führen, lässt sich leicht feststellen, wie viele Justices jeder der bisher 45 Präsidenten an den Supreme Court berufen konnte: Es sind exakt 2,6. Statistisch ist also für Trump durchaus noch mehr drin. Er ist ja erst in seinem zweiten Amtsjahr.

Der Richter, den Ronald Reagan 1987 nach der Abfuhr dann für den gescheiterten Bork vorschlug und der am Ende die Zustimmung des Senats fand, war übrigens niemand anderes als Anthony Kennedy - ein Konservativer gewiss, aber mit einem Hang für swing votes.

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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