Richard Cheney:Ein prima Kerl

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Als Hardliner verunglimpft man ihn, als fiesen Feind der Freiheit, der Präsident Bush wie eine Marionette führt. Und jetzt hat Cheney auch noch einen Freund über den Haufen geschossen. Dabei ist er doch ein prima Kerl. Eine Glosse.

Oliver Das Gupta

Genug von Enron und Halliburton, irgendwelchen CIA-Affären und erst recht von Massenvernichtungswaffen. Ist denn noch niemand auf die Idee gekommen, dass der Mann, den alle Welt "Dick" ruft, eigentlich ein vom Pech verfolgter Guter ist? Ein Missverstandener? Der selbstlos rackert? Der aus seinen Fehlern lernt? Ja, der die Freiheit schützt?

Irgendwie arm dran: Richard Cheney, genannt "Dick". (Foto: Foto: AP)

Beispiel Bürgerrechte: Nach 9/11 greinten so genannte Liberale über rüde Sicherheitsgesetze der Bush/Cheney-Regierung, weil sie angeblich Grundfreiheiten verletzten. Schon vergessen, dass es Cheney war, der einst leidenschaftlich dafür focht, dass sich der mündige Amerikaner gegen jedwede Bedrohung zur Wehr setzen kann?

Als Kongressabgeordneter votierte er gegen die Abschaffung von Schusswaffen, die Schutzwesten durchschlagen können. Und von Detektoren nicht zu ortende Plastikwaffen wollte er auch nicht verbannen. Allein, nicht einmal seine Republikaner mochten ihm folgen.

In all den anderen Fällen eiferte er so brav mit seiner Partei, dass ihm vermutlich selbst speiübel wurde: gegen ein Amt für Bildung, für die Giftgasproduktion, gegen eine Resolution für die Freilassung Nelson Mandelas. Dabei stimmte Cheney doch wirklich nur für das, was sein Präsident sich wünschte.

Diese Loyalität und der schnittigste Seitenscheitel Washingtons hatten ihn schon 1974 ins Weiße Haus gebracht, als Stabschef unter Nachrücker-Präsident Ford.

Das junge Glück währte indes nicht lange: Cheney engagierte sich als Wahlhelfer für seinen Commander in Chief - und Ford verlor. 16 Jahre später rasselte George Bush Senior ebenso durch die Wahl - mit seinem inzwischen kahlköpfigen Verteidigungsminister Cheney. Dick zieht das Pech an wie der Magnet das Eisen.

Und das schon immer. Ein Studium brach er ab, danach eine Promotion, das mit dem Autofahren erwies sich auch als problematisch: Anfang der Sechzigerjahre wurde er zweimal betrunken geschnappt und blieb nur deshalb vor böseren Folgen verschont, weil es damals keinen Computerabgleich gab. Ein solches Sicherheitsloch klafft im Zeitalter des "Patriot Acts" freilich nicht mehr - aus manchen Fehlern lernt Cheney ja auch.

Cheney mit Enkeltochter Kate (Foto: Foto: Reuters)

Erst Anfang 2009 wird er von der politischen Bühne abtreten, und bis dahin haben die Amerikaner noch Zeit zu üben, wie sie ihm ihre Gunst bezeugen. Das jedenfalls kann's noch nicht sein: Es wurde eine Art der Schwammkugelkäfer (Aghatidium cheneyi) nach ihm benannt, die sich von Schleimpilzen ernähren.

Auch hier zeigt sich eine weitere liebenswerte Eigenschaft Cheneys: Nie drängt er sich ganz nach vorne, nie will er alles alleine haben: Sein Boss Bush und Kumpel Rumsfeld sind nämlich ebenso Namenspatrone für Käfer.

Immer wieder überließ Cheney anderen den Vortritt, egal ob im Football-Team der High School (Co-Kapitän), in der Regierung (Vize von Bush) oder jüngst bei der munteren Wachteljagd (Harry Whittington): Dick Cheney stand stets hinter den Männern, die er liebte. Wenn er nur den Abzug besser kontrollieren könnte.

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