Rheinland-Pfalz:Vorwürfe gegen Minister Wissing

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In der Mainzer Affäre um vorschriftswidrige Beförderungen steht jetzt auch Landeswirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) in der Kritik. (Foto: Peter Steffen/dpa)

Nach dem Rücktritt der grünen Umweltministerin nimmt die oppositionelle das nächste Mitglied der Mainzer Ampel-Koalition ins Visier: Der FDP-Politiker habe sich bei 38 Beförderungen nicht an Recht und Gesetz gehalten.

Von Thomas Balbierer

Eine Ministerin ist in Rheinland-Pfalz schon über die Affäre um die rechtswidrige Beförderung von Ministeriumsbeamten gestolpert: Im November kündigte Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) ihren Rücktritt zum Jahresende an. Nun nimmt die Opposition den nächsten Spitzenvertreter der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP ins Visier: Wirtschaftsminister Volker Wissing, der zugleich auch Generalsekretär der Liberalen im Bund ist. Am Freitag warf ihm CDU-Fraktionschef Christian Baldauf rechtswidriges Verhalten bei der Beförderung von Beamten vor. Er ist auch Spitzenkandidat seiner Partei und damit Herausforderer von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bei der Landtagswahl im März.

Wie eine Große Anfrage der CDU im Landtag ergeben hat, war es nicht nur im grün geführten Umweltministerium jahrelang gang und gäbe, Mitarbeiter ohne Ausschreibung und Leistungsbeurteilung in Ämter zu heben, sondern auch in Wissings Ressort. 38-mal wurden Mitarbeiter seit der Regierungsbildung im Jahr 2016 ohne Beurteilung ihrer Kompetenz befördert. "Hier wurde sich nicht an Recht und Gesetz gehalten", kritisierte Baldauf in einer Pressekonferenz. "Das riecht nach Ämterpatronage." Der Würzburger Jura-Professor Ralf Brinktrine, ein Experte für Dienstrecht, soll sich im Auftrag der CDU nun näher mit den Vorgängen befassen und ihr Munition gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Dreyer liefern.

Die Personalaffäre schwelt seit einem Urteil des rheinland-pfälzischen Oberverwaltungsgerichts von August, das Umweltministerin Höfken sowie ihren Staatssekretär Thomas Griese zu Fall brachte. Mit Blick auf die Beförderungspraxis im grün-geführten Ministerium - das allein in dieser Wahlperiode 94-mal Beamte ohne Leistungsbeurteilung beförderte - sprachen die Richter von "multiplen Mängeln" und erteilten dem Vorgehen "nach Gutsherrenart" und "Günstlingswirtschaft" eine scharfe Rüge; schließlich gelte das "verfassungsrechtliche Prinzip der Bestenauslese". Die Ministerin wies den Vorwurf, Parteifreunde zu bevorzugen, zurück, sie kündigte aber an, die Praxis "unverzüglich" zu ändern.

Das Ministerium weist alles zurück, ein Professor legt nach

Auch das Wissing-Ministerium will von einem Skandal nichts wissen. Es teilte am Freitag mit, dass den besagten Beförderungen "kein Stellenwechsel zugrunde lag und sich die jeweiligen Beamtinnen und Beamten auf ihren Dienstposten bewährt hatten". Bereits vor der Beförderung hätten die Mitarbeiter ein Verfahren durchlaufen, das "auf eine umfassende Leistungsfeststellung, Leistungsbeurteilung und eine objektive Bestenauslese" abziele, sagte eine Sprecherin. In den von der CDU kritisierten 38 Fällen fehle lediglich eine "formalisierte schriftliche Dokumentation".

Der Speyer Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim brachte am Freitag strafrechtliche Konsequenzen für die verantwortlichen Politiker ins Spiel. "Bei dem Vorgehen im Umweltministerium könnte es sich um Untreue handeln", sagte er der SZ. "Mich wundert es sehr, dass sich hier noch nicht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat." Er vermutet hinter der bisherigen Beförderungspraxis innerhalb der Regierung einen "flächendeckenden Missbrauch", der nur die "Spitze des Eisbergs" sein und viele weitere öffentliche Ämter betreffen könnte.

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