Regierungserklärung der Kanzlerin:Merkel wirft NSA vor, Misstrauen zu säen

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Schnelles Internet für alle: Kanzlerin Angela Merkel preist die digitale Kompetenz ihres Kabinetts, das Netz bezeichnet sie als "Verheißung". Deutliche Worte richtet sie in ihrer Regierungserklärung an die USA.

"Eine ethische Aufgabe, die weit über die Sicherheitskomponente hinausweist": Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzt ihre Regierungserklärung für deutliche Worte zum NSA-Spähskandal. "Ein Vorgehen, bei dem der Zweck die Mittel heiligt, (...), verletzt Vertrauen, es sät Misstrauen", sagte sie. Vertrauen aber sei der Kern der Zusammenarbeit mit den Partnern. Am Ende stehe nicht mehr, sondern weniger Sicherheit.

Gleichzeitig betonte die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung im Bundestag die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft mit den USA. Merkel warnte davor, an anderer Stelle der Zusammenarbeit den Hebel anzusetzen. "Trotzhaltung hat noch nie zum Erfolg geführt", sagte sie. Damit reagierte sie auf die Debatte, in der unter anderem ein Aussetzen der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA gefordert wird.

Zu den Punkten, die Angela Merkel in ihrer Rede nannte, gehört auch eine "digitale Agenda". Sie pries die digitale Kompetenz im Kabinett und sprach sich für schnelles Internet für alle aus. "Das Internet ist eine Verheißung ... wir betreten Neuland", sagte die Kanzlerin.

Es ist die erste Regierungserklärung eines deutschen Kanzlers, die im Sitzen vorgetragen wird. Merkel hatte sich bei einem Skiunfall im Weihnachtsurlaub eine Beckenverletzung zugezogen. Die Erklärung wurde mit Spannung erwartet, weil sich Merkel bisher zu vielen Fragen der Regierungsarbeit von Schwarz-Rot nur zurückhaltend geäußert hat.

Die Punkte im Einzelnen:

  • Ukraine: Den Auftakt ihrer Erklärung nutzte sie, um für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine zu werben. Die Bundesregierung werde diese Bemühungen mit allen Mitteln unterstützen. Gleichzeitig würdigte sie den Mut der Demonstranten in der Ukraine. "Sie setzen sich für die gleichen Werte ein, die auch uns in der Europäischen Union leiten."
  • Soziale Marktwirtschaft: Als "Kompass" für ihre künftige Arbeit gibt Merkel "die soziale Marktwirtschaft" vor. Sie sehe Deutschland dank wiedergewonnener Stärke als einen Motor in Europa. "Wir tragen maßgeblich dazu bei, dass die europäische Staatsschuldenkrise überwunden werden kann", sagte sie. Das liege ganz besonders am guten Zusammenspiel von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Deutschland geht es, Merkel zufolge, so gut wie lange nicht mehr. Es gebe die höchste Beschäftigung seit der Wiedervereinigung. "Von der sozialen Marktwirtschaft als Auslaufmodell spricht keiner mehr. Vom kranken Mann Europas erst recht nicht mehr", betonte die Kanzlerin.
  • Europäische Wirtschaftsunion: Deutliche Worte fand sie zur europäischen Schuldenkrise: Sie sprach sich für eine europäische Wirtschaftsunion aus. "Wir müssen der Währungsunion eine echte Wirtschaftsunion zur Seite stellen, EU-Verträge müssen weiterentwickelt werden." Ziel sei ein Europa, das sich auf die großen Herausforderungen konzentrieren solle.
  • Mindestlohn: Merkel zeigt sich überzeugt, dass der Kompromiss von Union und SPD zum Mindestlohn dem Arbeitsmarkt nicht schade. Die Vorteile würden die Nachteile überwiegen, sagte sie am Mittwoch. "Jeder, der ein Herz hat, muss (...) sicherstellen, dass der so nachvollziehbare Wunsch nach würdiger Bezahlung nicht Menschen, die heute Arbeit haben, in die Arbeitslosigkeit führt." Zum 1. Januar 2015 soll ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde kommen; tarifvertraglich vereinbarte Abweichungen sollen bis Ende 2016 möglich sein. Merkel betonte, die Tarifpartnerschaft müsse in einigen Bereichen gestärkt werden.
  • Energiewende: Zur Umsetzung der Energiewende mahnte sie einen nationalen Kraftakt an. "Wenn es eine politische Aufgabe gibt, bei der nicht Partikularinteressen im Mittelpunkt zu stehen haben, sondern der Mensch, dann ist es die Energiewende", so Merkel. Das Vorhaben könne nur gelingen, wenn Bund, Länder, Gemeinden, Verbände und jeder Einzelne über ihren Schatten sprängen und das Gemeinwesen im Blick hätten.
  • Pflege: In ihrer Rede würdigte die Kanzlerin die pflegenden Angehörigen von Kranken in Deutschland: "Sie sind die stillen Helden unserer Gesellschaft." Die Bundesregierung wolle die Pflegeleistungen binnen vier Jahren um 25 Prozent steigern. Im Gesundheitsbereich solle vor allem die fachärztliche Versorgung gestärkt werden. Der Telemedizin komme für die Versorgung auf dem Land eine wichtige Rolle zu.

"Merkel muss jetzt liefern"

Die anschließende Aussprache nutzte Oppositionsführer Gregor Gysi von der Linken für ausführliche Kritik. In seiner Rede warf er Merkel vor, mit der SPD die Politik der schwarz-gelben Koalition fortsetzen zu wollen. "Ich glaube, dass die große Koalition zunächst hektisch das eine oder andere beschließen wird, aber viel zu wenig wird verändert", sagte er. "Wir werden später Stillstand und dann Herumwurstelei erleben."

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Nach der zweieinhalbstündigen Generalaussprache über Merkels Rede schließen sich Debatten über die Außen-, die Verteidigungs- und die Entwicklungspolitik an. Wie auch in den Sitzungen des Bundestags am Donnerstag und Freitag werden die Fachminister ihre Pläne vortragen.

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