Daraus leiten die Professoren eine Reihe von Forderungen ab, die sie "Herausforderungen" nennen: Es bräuchte "mehr synodale Strukturen auf allen Ebenen der Kirche", die Gläubigen sollten an der Auswahl von Pfarrern und Bischöfen beteiligt werden. Die Kirche benötige "auch verheiratete Priester und Frauen im kirchlichen Amt", durch den Priestermangel gebe es immer mehr zu große Pfarreien; Priester würden "verheizt".
"Rechtsschutz und Rechtskultur in der Kirche" müssten "dringend verbessert werden", ein erster Schritt dazu sei "der Aufbau einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit". Die "Hochschätzung der Ehe und der ehelosen Lebensform" bedeutet für die 144 Theologen nicht, "Menschen auszuschließen, die Liebe, Treue und gegenseitige Sorge in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder als wiederverheiratete Geschiedene verantwortlich leben".
"Selbstgerechter moralischer Rigorismus steht der Kirche nicht gut an", heißt es im Memorandum; sie könne nicht Versöhnung mit Gott predigen, ohne die Voraussetzung zur Versöhnung mit denen zu schaffen, "an denen sie schuldig geworden ist: durch Gewalt, durch die Vorhaltung von Recht, durch die Verkehrung der biblischen Freiheitsbotschaft in eine rigorose Moral ohne Barmherzigkeit".
"Dem Sturm des letzten Jahres darf keine Ruhe folgen!", rufen die Theologieprofessoren der Kirchenleitung zu; diese Ruhe könne "in der gegenwärtigen Lage nur Grabesruhe sein". Nun gelte es, "im freien und fairen Austausch von Argumenten nach Lösungen zu suchen, die die Kirche aus ihrer lähmenden Selbstbeschäftigung herausführen". Angst jedenfalls, so schließen die Theologen, sei in Zeiten der Krise noch nie ein guter Ratgeber gewesen. Und gerade die Christen seien "vom Evangelium dazu aufgefordert, mit Mut in die Zukunft zu blicken und - auf Jesu Wort hin - wie Petrus übers Wasser zu gehen: ,Warum habt ihr solche Angst? Ist euer Glaube so klein?'"
Ein bisschen klingt das wie für die Frauen und Männer geschrieben, die diese Erklärung unterzeichnet haben. Für den Moment, wo sie dem einen oder anderen Bischof gegenübersitzen, und der sie gefährlich sanft fragt: "Soso, Sie haben dieses Pamphlet auch unterschrieben?"
Lesen Sie das Memorandum der Theologen hier in voller Länge.