Rede des französischen Präsidenten Hollande:Schlachten der Zukunft

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Der französische Präsident Hollande im Elysée-Palast (Foto: AFP)

Frankreich sei eine Nation, "die vor nichts Angst haben muss". Bei den Gedenkfeierlichkeiten an die Opfer des Ersten Weltkrieges beschwört Präsident Hollande die Einheit der Franzosen - und zieht aus den Kriegsschlachten Lehren für die Gegenwart.

Von Christian Wernicke, Paris

In einer feierlichen Rede zum Gedenken an die Opfer des Ersten Weltkrieges hat Frankreichs Präsident François Hollande seine Landsleute zur inneren Einheit in der Wirtschaftskrise aufgerufen. Seine Nation könne noch heute ihre Lehren aus den Leiden von la Grande Guerre ziehen und müsse "sich zusammenschließen, wenn wir die Schlachten gewinnen wollen, die nicht mehr militärische, sondern wirtschaftliche sind." In seiner Rede bekannte sich der Präsident wiederholt zu Europas Einigungswerk und zur engen Beziehung "mit unseren deutschen Freunden". Für den 3. August 2014, den 100. Jahrestag des Kriegsbeginns, hat Hollande Bundespräsident Joachim Gauck nach Paris eingeladen.

Gedanken über die Zukunft

Hollande hatte nach Auskunft von Mitarbeitern weite Teile seiner Rede selbst formuliert. Wiederholt stellte der Präsident Bezüge zur Gegenwart her. Die Erinnerung, so Hollande, könne der Nation "einen Sinn geben" in einer Phase, "da Frankreich sich Gedanken macht über seine Stellung, seine Zukunft. Der Sieg im Ersten Weltkrieg sei auch ein Sieg der Demokratie und einer starken Republik gewesen, "die vor nichts Angst haben muss." Die Erinnerung solle dem Land deshalb "Selbstvertrauen geben".

Aufsehen erregte Hollandes Ankündigung, im Armee-Museum des "Hôtel des Invalides" einen Platz zum Gedenken an 740 französische Soldaten zu schaffen, die sich dem Kriegsdienst verweigert hatten und als Deserteure exekutiert worden waren. Ähnliche Gesten waren in der Vergangenheit wiederholt am Widerstand der Veteranenverbände gescheitert.

Soldaten und Zivilisten aus 72 Ländern

Hollandes Rede stellt den Beginn einer Serie von Veranstaltungen dar, mit denen Frankreich dem hundertsten Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges im August 1914 gedenkt. Bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918 kamen in den Völkerschlachten mehr als 17 Millionen Menschen ums Leben, darunter 1,4 Millionen Franzosen und zwei Millionen Deutsche. Auf persönlichen Wunsch des Präsidenten verbindet Paris das Gedenken an den Krieg mit dem 70. Jubiläum der Landung amerikanischer und britischer Truppen am 6. Juni 1944 in der Normandie, dem Beginn der Befreiung Frankreichs.

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Frankreichs Präsident Hollande steckt im Schlamassel. Aus Furcht, jede wirkliche Reform könnte ihn in die Tiefe driften lassen, verharrt er regungslos. Sein großes Wahlversprechen, das Volk zu einen, hat er nur in einer Hinsicht eingelöst: Alle, wirklich alle Franzosen sind unzufrieden mit ihm.

Ein Kommentar von Christian Wernicke, Paris

Diese historische Verknüpfung erklärt auch den vergleichsweise frühen Beginn der französischen Feierlichkeiten: Während des Zweiten Weltkrieges hatten am 11. November 1943 etwa 200 Kämpfer der Résistance es trotz der deutschen Besatzung gewagt, im ostfranzösischen Ort Oyonnax am helllichten Tag die Gefallenen des vorangegangen Krieges zu ehren. Sie legten einen Kranz nieder, den sie als "Sieger von morgen" den Siegern "von 14-18" widmeten. Dieser mutige Akt soll den britischen Kriegspremier Winston Churchill überzeugt haben, fortan den französischen Widerstand mit Waffen zu versorgen.

Frankreich, so Hollande, wolle die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg zur Geste der Versöhnung machen. Beispielhaft sind die Pariser Pläne für den Nationalfeiertag: Am 14. Juli 2014 sollen an der traditionellen Militärparade auf der Avenue des Champs-Élysée Soldaten und Zivilisten aus allen 72 Ländern teilnehmen, die sich von 1914 bis 1918 bekriegten. Dieses Ereignis, so Hollande wörtlich, solle "eine Demonstration des Friedens" werden. Die ein Jahr währenden Erinnerungsakte seien nicht dazu gedacht, "die Gefallenen aus ihren Gräbern zu exhumieren, sondern die Kriegsparteien zu vereinen."

© SZ vom 08.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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