Rechtsextremismus:Verfassungsschutz beobachtet gesamte AfD

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Der Inlandsnachrichtendienst stuft die Partei bundesweit als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.

Von Florian Flade, Georg Mascolo, Katja Riedel und Ronen Steinke, München

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die gesamte AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Damit wird die Partei nun bundesweit beobachtet, und die Verfassungsschützer dürfen auch nachrichtendienstliche Mittel wie V-Leute oder eine Telefonüberwachung einsetzen. Am Mittwochmorgen teilte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, den Leitern der Landesverfassungsschutzbehörden mit, dass die AfD seit dem 25. Februar als Verdachtsfall beobachtet werde. Offiziell will sich das BfV dazu nicht äußern.

Eigentlich sollte die Einstufung zum Verdachtsfall schon im Januar erfolgen und dies anschließend bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben werden. Die AfD hatte jedoch mehrere Eilanträge und Klagen gegen die Behörde eingereicht, unter anderem beim Verwaltungsgericht in Köln. Damit wollte die Partei erreichen, dass dem Verfassungsschutz verboten wird, sie einzustufen und dies öffentlich mitzuteilen. Die Klage sorgte dafür, dass der Verfassungsschutz eine Stillhaltezusage abgab.

Dem Gericht wurde zugesichert, dass Kandidaten und Abgeordnete der Partei bis zum Ende des Eilverfahrens nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht werden. Außerdem sicherte die Behörde zu, sich nicht öffentlich zu einer Einstufung zu äußern. Mittlerweile hat das BfV dem Kölner Verwaltungsgericht umfangreiche Unterlagen zur Einschätzung der AfD vorgelegt.

Mitglieder fast aller Parteien im Bundestag begrüßen die Entscheidung

Der Inlandsnachrichtendienst hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Belege für seine Einschätzung gesammelt, dass es sich bei der AfD um eine Partei handelt, bei der Rechtsextremisten in Schlüsselpositionen tätig sind und zunehmend steuernden Einfluss gewinnen. Allen voran die Mitglieder des sogenannten "Flügels", der bereits seit April 2020 vom Verfassungsschutz als "erwiesen extremistische Bestrebung" beobachtet wird.

Im Bundesamt für Verfassungsschutz hatte eine Arbeitsgruppe schließlich ein Gutachten zur AfD angefertigt. Darin aufgelistet sind Äußerungen von AfD-Funktionären, etwa bei Parteitagen oder in Social-Media-Beiträgen. Zudem wurden die Verbindungen von AfD-Politikern zu verfassungsfeindlichen Organisationen und Netzwerken bewertet. Die Verfassungsschützer kommen zum Ergebnis, dass es zahlreiche Belege dafür gibt, dass die AfD als Gesamtpartei verfassungsfeindliche Tendenzen aufweist. Und somit als "Verdachtsfall Rechtsextremismus" eingestuft werden kann - und sogar muss.

Mitglieder fast aller Parteien im Bundestag begrüßten die Einstufung der AfD. Zustimmung kam auch vom Zentralrat der Juden. Die Partei selbst zeigte sich empört. Die AfD-Spitze sprach von einem politischen Manöver mit dem Ziel, der Partei im Superwahljahr 2021 Schaden zuzufügen. "Das Vorgehen des Verfassungsschutzes ist skandalös", sagte der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel kündigte juristische Schritte an.

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