Rechteinhaber:"Es entsteht ein enormer Schaden"

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Helge Malchow, 68, war von 2002 bis 2018 Leiter des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch. Seither steht er der Verlagsspitze als Berater zur Seite. (Foto: Regina Schmeken)

Das geplante Gesetz sei für die Buchverlage enorm wichtig, sagt Helge Malchow, der langjährige Leiter von Kiepenheuer & Witsch. Er fordert, die Internet-Giganten müssten endlich Verantwortung übernehmen.

Interview von Reymer Klüver

SZ: Herr Malchow, sind Internet-Plattformen wie Youtube, Facebook oder Google wirklich ein Problem für die Buchverlage?

Helge Malchow: Natürlich stellen sie ein enormes Problem für die Verlage dar. Permanent finden Verstöße statt gegen das Urheberrecht, indem geschützte Inhalte hochgeladen und durchgeleitet werden an den sogenannten User, ohne Bezahlung für die Urheber und die Verlage, die sie betreuen. In jedem Text, in jedem Buch steckt doch enorm viel an geistiger Arbeit.

Fallen Urheberrechtsverletzungen denn tatsächlich so ins Gewicht? Sind die ein finanzielles Problem für die deutschen Buchverlage?

Es entsteht ein enormer Schaden. Jedes Jahr wenden die Verlage in Deutschland einen fünfstelligen Betrag auf, um Verstöße gegen die Urheberrechtsbestimmungen nachzuverfolgen. Schließlich geschieht, wenn geschützte Inhalte einfach hochgeladen werden, schlicht eines: Da wird geistiges Eigentum entwendet.

Bei wem werden Urheberrechtsverletzungen denn in der gegenwärtigen Situation geahndet, bei Google, bei Facebook?

Es ist eine missliche Situation entstanden, dass sich da eine ganze Industrie entwickelt hat, die Abmahnungen an die sogenannten end user verschickt. Das sind nicht die Konzerne, sondern meist junge Leute, die oft keine Ahnung haben, dass sie etwas falsch machen, die aus der Laune eines Augenblicks einfach etwas hochladen. Wir wollen, dass die Verantwortung für die Weiterleitung geschützter Inhalte nicht bei ihnen liegt, sondern bei denjenigen, die das alles ermöglichen und davon profitieren, den Giganten im Internet, die mit Werbeerlösen dabei sehr viel Geld verdienen.

Aber profitieren nicht die Buchverlage auch ein bisschen, wenn ihre Inhalte, und sei es in Ausschnitten, im Netz hochgeladen werden und am Ende dann vielleicht ein User tatsächlich ein Buch kauft?

Das ist keine Werbung für uns, sondern ganz klar ein Verstoß gegen Eigentumsrechte. Die der Autoren an ihren Werken und die der Verlage, die ihnen überhaupt die Grundlage bieten, die Werke zu veröffentlichen.

Unterstützen die deutschen Buchverlage die Verabschiedung der Urheberrechtsreform im Europäischen Parlament am kommenden Dienstag also in ihrer jetzigen Form?

Auf jeden Fall. Jeder Autorenverlag wird das tun, denn nur so kann das Recht am Werk geschützt werden. Das Gesetz ist für die Buchverlage von enormer Wichtigkeit. Es geht um die Grundlage unserer Kultur - mit Verlagen, die es Autoren ermöglichen, ihre Werke angemessen zu veröffentlichen. Andernfalls, wenn das nicht erhalten wird, wird es keine Bücher mehr in ihrer bisherigen Form geben. Wir müssen unsere gewachsene Verlagskultur bewahren.

Sie sprechen stets nicht nur von den Verlagen, sondern im selben Atemzug von den Autoren. Aber profitieren die Buchverlage nicht noch mehr als die Autoren von der Reform? Verlage hätten in Zukunft auch wieder Anteil an Urheberrechtseinnahmen, die in Deutschland gegenwärtig an Autoren ge hen.

Das neue Gesetz erlaubt es nur, zu einem Zustand zurückzukehren, wie er in Deutschland bis vor wenigen Jahren existierte. Diese Regelung war ein Segen für beide Seiten. Seit ihrer Aussetzung sind viele kleinere Verlage zugrunde gegangen, weil die berechtigten Einnahmen für ihre Arbeit dadurch entfallen sind.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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