Reaktionen auf die Festnahme:"Ein bedeutender Tag für die Gerechtigkeit"

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Nach 16 Jahren Flucht ist Ratko Mladic gefasst, jetzt soll er so schnell wie möglich an das UN-Kriegsverbrechertribunal ausgeliefert werden. Der Chefankläger ist endlich zufrieden mit der serbischen Regierung, lobende Worte kommen auch aus Deutschland. Mit Mladics Festnahme könnte der EU-Beitritt Serbiens näher rücken.

Es waren die Worte des serbischen Präsidenten, die den Opfern Gewissheit brachten: "Im Namen der Republik Serbien verkünden wir, dass Ratko Mladic festgenommen wurde", erklärte Boris Tadic bei einer eilends anberaumten Pressekonferenz. Damit war es offiziell: Der meistgesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher Europas ist gefasst. Der Militärführer der bosnischen Serben im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995 soll sich wegen Völkermords vor dem Internationalen Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag verantworten.

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Ratko Mladic wird für das Massaker in Srebrenica verantwortlich gemacht. Nun ist er nach jahrelanger Flucht in Serbien verhaftet worden. Seine Festnahme galt stets als Vorraussetzung für einen EU-Beitritt Serbiens.

Bei den Angehörigen der Opfer ist die Nachricht auf Genugtuung gestoßen: "Die Gerechtigkeit hat gesiegt", sagte Semir Guzin, Rechtsvertreter der Vereinigung "Mütter von Srebrenica", in einem Interview des britischen Senders BBC. Guzin vertritt die Hinterbliebenen des Massakers, bei dem im Sommer 1995 serbische Soldaten nach der Eroberung der UN-Schutzzone Srebrenica etwa 8000 muslimische Männer und Jugendliche ermordet und in Massengräbern verscharrt hatten.

Der damalige Befehlshaber Mladic gilt als Hauptverantwortlicher für das Verbrechen. Das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat ihn deswegen in Abwesenheit wegen Völkermords angeklagt. Auch wenn dieser Prozess noch bevorstehe, sei mit der Festnahme schon viel erreicht, so Guzin weiter. "Zumindest haben wir die Hoffnung, dass Mladic bekommt, was er verdient", sagte Guzin.

Auch nach den Worten des UN-Chefanklägers Serge Brammertz ist die Festnahme von größter Bedeutung für die Opfer der Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien. "Heute ist ein bedeutender Tag für internationale Gerechtigkeit", sagte Brammertz in Den Haag. Der Staatsanwalt, der Belgrad jahrelang zu größeren Anstrengungen bei der Suche nach Mladic gedrängt hatte, würdigte nun die Arbeit der serbischen Behörden und Sicherheitskräfte. "Wir danken ihnen dafür, dass sie ihrer Pflicht gegenüber dem Tribunal und gegenüber der Gerechtigkeit nachgekommen sind." Brammertz würdigte zugleich die "Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft zur Unterstützung der Festnahme von Ratko Mladic".

Der Chefankläger hatte erst kürzlich bei der EU in Brüssel geklagt, Serbien tue nicht genug, um den mutmaßlichen Kriegsverbrecher festzunehmen. Im Entwurf eines Berichts, den der Chefankläger am 6. Juni dem UNO-Sicherheitsrat erstatten wollte, hieß es noch, Serbiens Strategie zur Verhaftung von Mladic sei "vollständig erfolglos".

Chancen für EU-Beitritt Serbiens steigen

US-Präsident Barack Obama sagte, Mladic müsse zügig vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gebracht werden. "Auch wenn die Ermordeten dadurch nicht wieder lebendig werden, Mladic wird nun den Opfern und der Welt und dem Gericht Rede und Antwort stehen müssen."

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union betonten, dass die Festnahme eine EU-Mitgliedschaft Serbiens wahrscheinlicher mache. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Festnahme Mladics als überfällig und gute Nachricht für ganz Europa bezeichnet. In einer Erklärung hieß es: "Mladic hat große Schuld für besonders dunkle und tragische Ereignisse in den Balkankriegen auf sich geladen. Deutlich wurde dies bei der Belagerung von Sarajevo und den Massakern von Srebrenica" Das Verfahren gegen Mladic sei "die beste Grundlage für Versöhnung und eine europäische Zukunft der Region."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, dass Serbien damit eine langjährige Forderung der Europäischen Union und des internationalen Jugoslawien-Tribunals einfordere. Mit Blick auf die Chancen Serbiens auf einen EU-Beitritt fügte Westerwelle hinzu: "Die Bundesregierung sieht für Serbien eine ganz klare europäische Perspektive." Allerdings müsse Serbien alle Bedingungen einhalten. "Dazu gehören neben der vollen Kooperation mit der internationalen Justiz auch gutnachbarschaftliche Beziehungen zu allen Nachbarn", spielte der Minister auf die problematische Beziehung Serbiens zu seiner ehemaligen Provinz Kosovo an.

Nach Einschätzung des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ist die Festnahme von Mladic "eine weitere Etappe Serbiens zur Integration in die EU". Das sagte er am Rande des G-8-Gipfels in Deauville. "Das ist eine sehr gute Nachricht, und es ist eine sehr mutige Entscheidung des serbischen Präsidenten", beglückwünschte er seinen Kollegen Boris Tadic.

Ähnlich äußerte sich Österreichs Außenminister Michael Spindelegger. Das Land habe mit der Festnahme Mladics eine schwere Hypothek auf seinem Weg in die Union beseitigt. "Die laufenden Bemühungen Serbiens um eine baldige Verleihung des EU-Kandidatenstatus' und nachführende Schritte im Heranführungsprozess sind jetzt in greifbare Nähe gerückt", sagte Spindelegger.

Ban: "Historischer Tag für die internationale Justiz"

Nach den Worten von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist die Festnahme von Mladic "ein historischer Tag für die internationale Justiz". Dies sagte der Koreaner nach Angaben seines New Yorker Büros. "Diese Festnahme ist ein wichtiger Schritt in unserem gemeinsamen Kampf gegen Straflosigkeit politischer Verbrechen und auch für die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs für Ex-Jugoslawien." Ban würdigte die Bemühungen des serbischen Präsidenten Boris Tadic und der Regierung in Belgrad.

Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen begrüßte die Festnahme. Fast 16 Jahre nach der Anklage bestehe nun die Chance, dass der Gerechtigkeit genüge getan werde, erklärte er in Brüssel. Die Festnahme sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden, freien und friedlichen Europa, so der Nato-Generalsekretär weiter. Die Nato werde die Region weiterhin unterstützen.

Großbritanniens Außenminister William Hague bezeichnete die Festnahme des serbischen Generals Ratko Mladic als "historischen Moment". "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen derer, die bei der Belagerung von Sarajevo und beim Völkermord in Srebrenica getötet wurden", heißt es in einer Mitteilung Hagues, die in London verbreitet wurde. "Wir gratulieren den serbischen Behörden zu der Festnahme."

Mladics Verhaftung sei ein Beweis für die serbische Zusammenarbeit mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal für das frühere Jugoslawien, erklärte Hague weiter. "Wir freuen uns jetzt auf die rasche Auslieferung nach Den Haag." Allerdings könnte die Überstellung noch bis zu einer Woche dauern. Dies hänge davon ab, ob Mladic dagegen Rechtsmittel einlege, sagte Serbiens stellvertretender Staatsanwalt zur Ahndung von Kriegsverbrechen, Bruno Vekaric.

Auch die USA zeigten sich in einer ersten Reaktion "erfreut", erklärte Ben Rhodes vom Nationalen Sicherheitsrat dem britischen Sender BBC. Einen Rechtsexperten von Amnesty International zitierte der Sender mit den Worten: "Mehr als 16 Jahre hat es gedauert. Aber wenigstens haben die Opfer nun Hoffnung auf Gerechtigkeit."

© sueddeutsche.de/dpa/dapd/AFP/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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