An diesem Freitag diskutieren die Außenminister der 44 in Afghanistan unter Führung der Nato engagierten Nationen die Zukunft dieser Mission. 2009 war kein einfaches Jahr, weder für Afghanistan noch für die Truppen stellenden Länder.
Jetzt aber beginnt eine neue Phase der internationalen Anstrengungen. Präsident Obama hat vor drei Tagen in einer wichtigen Rede die Strategie der USA für diesen Einsatz erläutert. Er hat substantielle neue Mittel zugesagt, darunter mehr als 30.000 zusätzliche US-Soldaten. Und er hat jedem Zweifler zu verstehen gegeben, dass Amerika entschlossen ist, das Ganze zu beenden - was immer es auch koste.
Aber das ist nicht allein Präsident Obamas Krieg. Wir sind alle denselben Bedrohungen aus Afghanistan ausgesetzt: dem Terrorismus, dem Drogengeschäft, dem Extremismus. Dies ist eine Anstrengung der gesamten Allianz, und wir werden sie gemeinsam zu Ende bringen. In dieser wichtigen Phase in der Geschichte des Einsatzes wird die Nato ihre Einigkeit und Stärke erneut demonstrieren.
Zahl nicht-amerikanischer Nato-Soldaten wird deutlich steigen
2010 wird auch die Zahl der nicht-amerikanischen Nato-Soldaten substantiell anwachsen: um mindestens 5000, vielleicht um einige tausend mehr. Sie kommen zu den 38.000 nicht-amerikanischen Soldaten hinzu, die bereits in Afghanistan stationiert sind. Aber hier geht es nicht nur um Truppenstärken. Es geht um die Strategie.
Und unsere Strategie ist sehr klar. Wir wollen so schnell wie möglich den Afghanen die Hauptverantwortung für ihr eigenes Land überantworten. Das beinhaltet die Übergabe von Führungsverantwortung an afghanische Einheiten, während unsere Truppen eine unterstützende Rolle einnehmen. Ich fordere die Alliierten und die Partner auf, unsere Ausbildungsmissionen vollständig auszustatten und zu finanzieren.
Nur so können wir noch schneller den Afghanen die Führung übertragen. Ich bin sicher: Wenn die Afghanen und die Bürger der Truppen stellenden Nationen die Übergabe der Verantwortung vom nächsten Jahr an tatsächlich erleben, dann werden sie weiter diese Mission unterstützen.
Die Übergabe der Verantwortung ist nicht das Codewort für eine Abzugsstrategie. Es bedeutet lediglich, dass wir eine andere Rolle einnehmen. Zunächst werden unsere Soldaten auf allen Ebenen mit den afghanischen Streitkräften Partnerschaften eingehen - im Feld wie in den Hauptquartieren -, um ihnen das Wissen zu vermitteln, damit sie auf eigenen Füßen stehen können. Wenn die Konditionen stimmen - wenn sie also die Fähigkeiten und das Selbstvertrauen haben -, gehen wir zur nächsten Phase über, in der afghanische Streitkräfte die Planung und die Durchsetzung von Operationen übernehmen, und Nato-Kräfte lediglich zur Unterstützung dienen. Dies ist der richtige Weg, und ich bin zuversichtlich, dass wir damit nächstes Jahr beginnen können.
Den Taliban den Sauerstoff entziehen
Die Außenminister werden all dies am Freitag besprechen. Aber sie werden nicht ausschließlich über den militärischen Einsatz diskutieren. Sie werden sich auch mit der breiteren politischen Strategie befassen. Die hat mit unseren Erwartungen an die afghanische Regierung zu tun. Gute Regierungsführung ist der beste Weg, um den Taliban den Sauerstoff zu entziehen. Darauf müssen wir beharren, nach allem, wozu wir uns in diesem Einsatz verpflichtet haben.
Präsident Karsai hat einige klare und begrüßenswerte Erklärungen abgegeben. Ich sehe mit Freude, dass Untersuchungen der Korruption begonnen haben. Das ist ein guter Beginn, und er wird dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit der Regierung beim afghanischen Volk und der internationalen Gemeinschaft zu festigen. Die Konferenz Ende nächsten Monats in London wird in dieser Hinsicht ebenfalls sehr wichtig sein. Es geht darum, einen neuen Vertrag zwischen der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft aufzusetzen.
Wir werden sicher bald ein neues Momentum in diesem Einsatz beobachten. 2010 wird es erheblich mehr Truppen vor Ort geben, die sich auf die Verteidigung des afghanischen Volkes konzentrieren. Wir werden damit beginnen, Führungsverantwortung den afghanischen Kräften zu übertragen, Distrikt für Distrikt, so wie es die Bedingungen zulassen. Es wird klare Verpflichtungen für die afghanische Regierung, und ich hoffe auch klare Taten von ihr geben, mit der sie sich die Unterstützung des Volkes verdient. Es wird mehr Entwicklungshilfe fließen, beginnend mit den von Japan zugesagten fünf Milliarden Dollar. Auch wird die zivile Hilfe verstärkt werden, nicht zuletzt durch den EU-Aktionsplan.
Am Ende reduziert es sich doch darauf: Wenn die Taliban sich einen afghanischen jungen Mann holen wollen, damit er an ihrer Seite kämpft - was wird dann der Vater tun? Wenn er sieht, dass die Taliban chancenlos sind, wenn sein Leben besser wird, und wenn er an seine Regierung glaubt, dann wird er nein sagen. Und die Aufständischen werden verlieren. So einfach ist das. Diese Bedingungen müssen wir schaffen. Und ich glaube, dass wir im nächsten Jahr Licht am Ende des Tunnels sehen werden.
Der Däne Anders Fogh Rasmussen, 56, ist seit August 2009 Generalsekretär der Nato. Zuvor war er Ministerpräsident seines Landes und Vorsitzender der rechtsliberalen Venstre-Partei.