Rafsandschani:Abschied von einem Revolutionär und Freund der Reformer

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Irans Ex-Präsident Rafsandschani ist tot. Er hat die Politik seit der Islamischen Revolution 1979 entscheidend mitgeprägt.

Nachruf von Tomas Avenarius

Der Präsident soll geweint haben am Totenbett: Der Verstorbene war, trotz seiner wechselvollen und widersprüchlichen Lebensgeschichte, einer der namhaftesten Unterstützer der Reformer in der Islamischen Republik Iran - und damit ein Hoffnungsträger.

Das erklärt, weshalb Irans Präsident Hassan Rohani Tränen in den Augen gehabt haben soll, als er ins Teheraner Märtyrer-Hospital kam, um als einer der ersten von Ali Akbar Rafsandschani Abschied zu nehmen. Im Mai wird gewählt, Rohani will wieder antreten. Aber er wird sich ohne Ayatollah Rafsandschani, einen der geschicktesten Strippenzieher der undurchsichtigen iranischen Innenpolitik, ziemlich schwer tun.

Rafsandschani galt als "politisches Chamäleon"

Rohani, der für einen vorsichtigen Reformkurs steht, muss nun ohne den bis zuletzt mächtigen Politiker und reichen Geschäftsmann Rafsandschani gegen die Konservativen und Hardliner anstehen; diese sind nicht zuletzt durch den Wahlsieg des twitternden Iran-Hassers Donald Trump ohnehin auf dem Vormarsch.

Das "politische Chamäleon" Rafsandschani wäre genau der Mann gewesen, der hinter den Kulissen den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Machtzentren der Islamischen Republik moderiert. Das war immer seine Stärke, auch wenn er in den letzten Jahren an Einfluss verloren hatte.

Der mit 82 Jahren nach einem Herzinfarkt verstorbene schiitische Geistliche war ein Revolutionär der ersten Stunde, bevor er in den letzten Lebensjahren immer offener zu einem Unterstützer der Reformer wurde. Der als Sohn eines wohlhabenden Pistazienhändlers 1934 in Bahreman nahe der Stadt Rafsandschan geborene Politiker war unter dem Schah als islamistischer Agitator mehrfach inhaftiert und gefoltert worden, hatte dann die Revolution des Ayatollah Ruhollah Khomeini mit ihren Siegen und ihren Verbrechen entscheidend mitgestaltet. Er war Innenminister und galt als "Khomeinis Bankier".

Rafsandschani hatte immer großen, gelegentlich mäßigenden Einfluss auf den allmächtigen schiitischen Oberrevolutionär Khomeini. Nach dessen Tod übernahm er das neu geschaffene Amt des Staatspräsidenten, der aber weiterhin dem Revolutionsführer unterstand - Ayatollah Ali Khamenei hatte diesen Posten des verstorbenen Khomeini übernommen. Khamenei betrieb seine Politik mal mit und meist eher gegen Rafsandschani, sie blieben sich aber persönlich verbunden.

Als Staatspräsident konzentrierte Rafsandschani sich auf den Wiederaufbau des vom Krieg gegen den Irak zerstörten Landes und die Wirtschaftspolitik und versuchte, die Beziehungen zu den beiden "Satan-Staaten", den USA und der UdSSR, zu normalisieren.

Er soll aber auch für das Attentat auf führende kurdisch-iranische Oppositionelle in einem Restaurant in Wien mitverantwortlich gewesen sein. Nach dem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt wechselte der in seiner Bildung als Geistlicher von den echten Theologen eher belächelte Rafsandschani in den Expertenrat, eines der einflussreichen Gremien, die so etwas wie die Checks and Balances der Verfassung der Islamischen Republik darstellen.

Später wurde er einer der mächtigsten Widersacher des Populisten-Präsidenten Mahmud Achmadinedschad, er war einer der Befürworter des umstrittenen Atomabkommens und unterstützte Rohani bei der jüngsten Wahl.

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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