Loja Dschirga in Afghanistan:Taliban stellen Sicherheitspläne für Ratsversammlung online

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Gezielte Provokation für die Isaf-Truppen in Afghanistan: Die Taliban sind nach eigenen Angaben im Besitz geheimer Dokumente über die am Mittwoch beginnende Ratsversammlung Loja Dschirga in Kabul. Informationen über Sicherheitskräfte, Satellitenaufnahmen und sogar Handynummern hoher Beamter haben sie ins Internet gestellt. Doch die Regierung Karsai dementiert.

Die Strategie der Taliban in Afghanistan war bisher darauf ausgerichtet, mit ihren Anschlägen Angst und Schrecken zu verbreiten. Gnadenlos, unangekündigt, mit überraschenden Angriffen, die möglichst viele Menschen töten und verletzen sollten. Jetzt zeigt sich offenbar eine weitere Dimension des islamistischen Terrors: Die gezielte Demütigung und Verunsicherung der ausländischen Truppen und der schwachen Regierung von Hamid Karsai.

Informationen über den Einsatz von Sicherheitskräften bei der Ratsversammlung Loja Dschirga (hier ein Archivbild von 2002), Satellitenaufnahmen des Geländes und sogar Mobilnummern hoher Beamter haben die Taliban nach eigenen Angaben ins Internet gestellt. (Foto: DPA)

Nach eigenen Angaben sind die Taliban jetzt in den Besitz von Sicherheitsplänen für eine große Ratsversammlung in Kabul gekommen. Auf der Webseite der Taliban hieß es, die Karten und Dokumente zur sogenannten Loja Dschirga, die am Mittwoch in Kabul beginnt, ermöglichten präzise Angriffe auf die Versammlung.

Nach Angaben der Taliban wurden ihnen die Dokumente von Spitzeln ausgehändigt, die sie in Regierungskreise einschleusten. Die Papiere enthalten eine Satellitenkarte des Geländes, auf dem die Versammlung stattfinden soll, Nummern der Mobiltelefone von hohen Sicherheitsbeamten sowie Informationen über den Einsatz von Sicherheitskräften.

Eine Kopie der Mitteilung der Taliban über den Besitz der Dokumente wurde Sonntagnacht von der "Site Intelligence Group" veröffentlicht, einer Organisation aus den USA, die Webseiten militanter Islamisten beobachtet.

Das Kabuler Innenministerium wies die Taliban-Angaben zurück und erklärte, es handele sich um ein taktisches Manöver der Aufständischen, um Teilnehmer vom Besuch der Versammlung abzuschrecken. Ein Sprecher des afghanischen Geheimdienstes sagte, bei den Plänen handele es sich nicht um die echten Dokumente. Die offiziellen Pläne wichen zu hundert Prozent von denen ab, die den Medien von den Taliban zugespielt wurden. Auch die in Afghanistan stationierte Nato-Truppe Isaf teilte im Internet über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, das Dokument wirke nicht authentisch.

Selbstmordanschlag vereitelt

Unterdessen haben afghanische Sicherheitskräfte bereits einen Selbstmordanschlag vereitelt. Wie das Innenministerium mitteilte, erschossen Polizisten vor dem eigens für die Loja Dschirga errichteten Zelt im Zentrum der Hauptstadt einen mutmaßlichen Selbstmordattentäter. Der Mann habe Sprengstoff bei sich getragen und einen Anschlag geplant. Ein mutmaßlicher Komplize sei festgenommen worden, hieß es weiter.

Im Vorfeld des Treffens hatten die Taliban wiederholt gedroht, jeden zu töten, der an der Versammlung teilnimmt. Bei dem Treffen kommen bis zu 2000 Abgeordnete und Delegierte aus ganz Afghanistan zusammen, um über ein Abkommen zur künftigen strategischen Partnerschaft zwischen Afghanistan und den USA zu diskutieren. Karsai hatte die Einberufung der Loja Dschirga nach der Ermordung von Ex-Präsident Burhanuddin Rabbani Ende September angekündigt.

Bei der vorherigen Ratsversammlung im Juni 2010 feuerten Aufständische Raketen und schossen auf eines der Großzelte des Treffens, an dem etwa 1500 Würdenträger, Abgeordnete und Vertreter der Zivilgesellschaft teilnahmen. Bei einem Feuergefecht mit Sicherheitskräften waren zwei Militante getötet und drei Menschen verletzt worden.

© dapd/AFP/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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