Proteste in der Türkei:Polizist und Demonstrant sterben bei Krawallen

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Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei in Istanbul während der Beerdigung des 15-jährigen Berkin Elvan. (Foto: Bulent Kilic/AFP)

Die neuerlichen Proteste gegen die Erdoğan-Regierung haben zwei weitere Tote gefordert. Ein Polizist starb an einem Herzinfarkt, ein Demonstrant in Istanbul nach einer Schlägerei - allerdings ohne Polizeibeteiligung. Unterdessen erhebt der Vater des getöteten Jungen Berkin schwere Vorwürfe gegen die türkischen Behörden.

Bei den jüngsten Anti-Regierungs-Protesten in der Türkei hat es Medienberichten zufolge zwei Tote gegeben. Demnach erlag ein Polizist im Krankenhaus der osttürkischen Stadt Tunceli einem Herzinfarkt. Zuvor soll er einer großen Menge Tränengas ausgesetzt gewesen sein, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Dogan. In Istanbul sei zudem ein 22-Jähriger im Stadtteil Okmeydani bei einer Schlägerei unter Demonstranten an einer Kopfverletzung gestorben.

Die jüngsten Proteste in dem Land hatte der Tod eines von der Polizei vor neun Monaten verletzten Jugendlichen entfacht. Dessen Vater erhob nun schwere Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Erdoğan habe die Einsatzbefehle an die Polizei gegeben, sagte Sami Elvan im Nachrichtensender CNN-Türk. Er warf Erdoğan vor, dass dieser zum Tod seines Sohnes schweige.

Elvans Sohn Berkin war im vergangenen Juni von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen worden und ins Koma gefallen. Der 15-Jährige starb am Dienstag nach neun Monaten im Koma, sein Tod löste schwere Proteste aus.

Nach Berkins Beisetzung am Mittwoch lieferten sich Teilnehmer des Trauerzugs und die Polizei stundenlange Straßenschlachten. Auch in anderen türkischen Städten gab es Unruhen.

Vater des getöteten Jungen wirft Behörden Verschleppung vor

Sami Elvan kritisierte, die Behörden verschleppten die Suche nach dem Polizisten, der den Tod seines Sohnes verschuldet habe. Auch neun Monate danach sei nicht klar, wer auf den Jugendlichen geschossen habe: "Es ist, als habe jemand aus dem Weltall auf Berkin geschossen." Wenn Erdoğan wolle, könne er innerhalb von einer Stunde den Schuldigen ausfindig machen.

Der Ministerpräsident hat sich bisher nicht zum Tod des Jungen geäußert. Im vergangenen Jahr hatte Erdoğan das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten als "Heldenepos" gelobt.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/joba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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