Proteste gegen Mursi:Die wichtigsten Akteure im Streit um die Verfassung

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Die Zeichen stehen in Ägyten wieder einmal auf Konfrontation. Islamisten und Oppositionelle stehen sich im Streit um die neue Verfassung gegenüber. Die wichtigsten Akteure im Überblick.

  • Mohammed Mursi

Er präsentiert sich als Präsident aller Ägypter. Für seine Gegner ist er jedoch nichts weiter als eine Marionette der Muslimbruderschaft. Nach seiner Wahl entmachtete Mursi erst die alte Militärführung, dann beschränkte er die Befugnisse der Justiz. Im Streit um die Verfassung vertritt Mursi kompromisslos die Position der islamistischen Parteien.

  • Das Militär

Das Militär hält sich seit der Entlassung des Generalstabs im Sommer zurück. Den Schutz des Präsidentenpalastes mit Panzern überließ sie der Republikanischen Garde. Ob und unter welchen Bedingungen die regulären Streitkräfte in den politischen Konflikt eingreifen würden, ist unklar. Nach deren Entmachtung warnte eine Studie des "Carnegie Endowment" vor einer an die Seite gedrängten Offizierskaste. Diese könne sich zu einem "tiefen Staat" entwickeln, der jede Regierungspolitik und Reformen störe, um die Politiker bloßzustellen.

  • Die Justiz

Mursi findet hier Unterstützer und Gegner. Ein Teil der Richter wird das Verfassungsreferendum boykottieren, bei dem Justizbeamte die Aufsicht führen sollen. Einige Richter stehen jedoch auf der Seite Mursis und wollen bei der Abstimmung am 15. Dezember anwesend sein.

  • Die Muslimbruderschaft

Die Muslimbruderschaft war vor dem Sturz des alten Regimes offiziell verboten, wurde aber inoffiziell geduldet. Sie ist die am besten organisierte politische Bewegung Ägyptens. Bei der ersten Parlamentswahl erhielt sie die meisten Stimmen (37,5%) und hat den Verfassungsentwurf wesentlich formuliert. Mursi war ihr Kandidat. Den Kurs der Bruderschaft bestimmt der "Murschid" Mohammed Badia. Er gilt als konservativer Hardliner.

  • Die Salafisten

Radikaler als die Muslimbrüder, tragen die Salafisten Mursis Kurs mit, weil sie die neue Verfassung als Zwischenschritt auf dem Weg zum Gottesstaat sehen. Ihre Partei des Lichts war bei der Parlamentswahl die zweitstärkste Kraft.

  • Al-Azhar

Die Institution mit Moschee und Universität ist seit Jahrhunderten die wichtigste Stätte für die Gelehrten des sunnitischen Islam. Nach dem Verfassungsentwurf sollen die Gelehrten direkten Einfluss auf die Gesetzgebung bekommen. Angesichts der schweren Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Gegnern und -Anhängern, forderte das Institut Präsident Mursi - selbst Sunnit - auf, die Ausweitung seiner Machtbefugnisse bis auf Weiteres auszusetzen. Es müsse der Weg für einen Dialog ohne Vorbedingungen geebnet werden.

  • Bündnis der neuen Gegner

Gegen die Machtausweitung der Islamisten protestieren mehrere Parteien und unterlegene Präsidentschaftskandidaten. Zu ihnen gehören der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, der bei der städtischen Jugend und Sozialisten beliebte linke Aktivist Hamdien Sabbahi und Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei, der seine Präsidentschaftskandidatur zurückgezogen hatte. Gegen Baradei, Sabbahi und Mussa gehen die Islamisten auch juristisch vor. Generalstaatsanwalt Talaat Ibrahim Abdullah, von Mursi erst vor kurzem ernannt, lässt gegen sie ermitteln aufgrund der Anzeige eines Ex-Abgeordneten wegen "Aufstachelung zum Umsturz".

  • Alte Gegner

Für die Tahrir-Revolutionäre, aber auch für Ägyptens Islamisten ist er die Hassfigur: Ahmed Schafik gilt als Ziehsohn des 2011 gestürzten Autokraten Hosni Mubarak. Der für seinen kompromisslosen Führungsstil bekannte Ex-Offizier und Politiker hatte während der Januar-Revolution als letzter Premierminister des untergehenden Mubarak-Staats regiert. Er wurde nach dem Sturz des Präsidenten zum Rücktritt gezwungen. Nachdem Schafik ein gutes Jahr später bei Wahlen knapp gegen Mursi unterlegen war, begann die Justiz wegen Korruption gegen den 71-Jährigen zu ermitteln. Dieser zog von Ägypten nach Abu Dhabi. Von dort aus gründete er seine "Patriotische Partei" und sucht Kontakt zu den anderen Oppositionskräften.

© Süddeutsche.de/anri/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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