Profil:Wjatscheslaw Wolodin ist Putins rücksichtsloser Pragmatiker

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Wjatscheslaw Wolodin ist ein rücksichtsloser Pragmatiker im Dienste des Kreml. (Foto: Michael Klimentyev/dpa)

Wladimir Putin nahm ihn in den Kreml mit, unter seiner Regie wurde in Russland die Versammlungs- und Meinungsfreiheit weiter eingeschränkt: Wjatscheslaw Wolodin ist Sprecher der neu gewählten Duma.

Von Julian Hans

Wer in Russlands "gelenkter Demokratie" die Kommandos gibt, ist klar. Doch diejenigen, die wirklich am Steuerrad oder im Maschinenraum des Staatsdampfers stehen, sind weniger bekannt. Wjatscheslaw Wolodin ist ein gutes Beispiel. Als stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung war der Mann mit den spitzen, schwarzen Augenbrauen in den letzen fünf Jahren für die Innenpolitik zuständig. Dazu gehört die Organisation von Wahlen, die Aufsicht über die Arbeit der Duma, der Parteien und gesellschaftlichen Organisationen.

Wer immer ein Gesetz beeinflussen wollte, der wandte sich nicht an die Parteien oder Ausschüsse des Parlaments, sondern an Wolodin. So trennt sich in Russland systemtreue Opposition und echte Opposition: Die einen stimmen ihre Initiativen mit Wolodin ab, die anderen weigern sich das zu tun und haben weder eine Chance, ins Staatsfernsehen zu kommen noch ins Parlament. Am Wochenende ernannte ihn die Kremlpartei Einiges Russland auf Empfehlung des Präsidenten zum Sprecher der neu gewählten Duma. Wolodin wechselt die Adresse, die Aufgaben dürften sich weitgehend ähneln.

Wolodin war Duma-Vorsitzender, später Vize-Regierungschef

Eine politische Überzeugung lässt sich Wolodin schwer zuschreiben. Er gilt als Vertreter eines rücksichtslosen Pragmatismus. Unter seiner Regie wurden das berüchtigte "Agentengesetz" gegen russische Nichtregierungsorganisationen verschärft, Versammlungs- und Meinungsfreiheit weiter eingeschränkt, die Durchgriffsrechte für Sicherheitsorgane erweitert.

Zu seiner Rolle im Maschinenraum der Macht passt es gut, dass Wolodin zuerst Maschinenbau studierte. Erst später holte er eine juristische Ausbildung nach. 1990 wurde er Abgeordneter in seiner Heimatprovinz Saratow, später Vize-Gouverneur. In Moskau engagierte er sich zuerst in der Partei "Vaterland", die später in Einiges Russland aufging. Von 2007 bis 2010 war er stellvertretender Duma-Vorsitzender und wurde dann für kurze Zeit Vize-Regierungschef unter dem Premier Wladimir Putin. Der nahm ihn nach dem Postentausch mit Dmitrij Medwedjew in den Kreml mit. Der 52-Jährige wird daher bisweilen als Beispiel dafür angeführt, dass ein Aufstieg in Putins Machtelite möglich ist, auch wenn man nicht aus dem Geheimdienst und nicht aus Sankt Petersburg kommt.

Um den bisher wenig bekannten Akteur dem breiten Publikum vorzustellen, verglich ihn das Nachrichtenportal Medusa mit der Figur des Francis Underwood aus der US-Fernsehserie "House of Cards". Beide sind eifrige Strippenzieher, in einem entscheidenden Punkt unterscheidet sich Wolodin aber von dem amerikanischen Serien-Helden: Er ist wesentlich loyaler. Vor zwei Jahren fasste er die Staatsräson des modernen Russland in einem Satz zusammen: "Solange es Putin gibt, gibt es Russland. Kein Putin, kein Russland." Es gibt keinen Zweifel, dass auch das neu gewählte Parlament unter Wolodins Vorsitz diesem Prinzip treu sein wird.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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