Profil:Stephan Steinlein

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Stephan Steinlein, ständiger Staatssekretär von Frank-Walter Steinmeier. (Foto: Adam Berry/Getty)

Staatssekretär des Ministers und designierten Bundespräsidenten Steinmeier.

Von Stefan Braun

Neulich hat Stephan Steinlein gemacht, was er selten tut: Er ist öffentlich aufgetreten. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt kam als Gast zur Vorführung eines Films über den syrischen Bürgerkrieg - und sprach anschließend über seine Eindrücke. "Man leidet mit", sagte er mit leiser Stimme. "Es nimmt einen gefangen." Und: "So ein Film lässt das Schreckliche noch mal viel näher an einen herankommen." Der sanfte Ton passte zu dem 55-Jährigen; als junger Mann studierte er in der DDR Theologie. Zu harten politischen Fragen hat er sich freilich auch an diesem Abend nicht geäußert. Steinlein ist kein Politiker; er war es nie und wird es auch nicht mehr werden. Seit 1999 arbeitet er für Frank-Walter Steinmeier und wird ihn deshalb auch als Chef des Bundespräsidialamts ins Schloss Bellevue begleiten.

Der gelernte Diplomat und vierfache Vater gehört zu jener besonderen Kaste im politischen Betrieb, deren Gesicht 99,9 Prozent der Bevölkerung nicht kennen, obwohl diese Menschen durch ihre Nähe zu Spitzenpolitikern großen Einfluss haben. Der Sozialdemokrat Peter Struck hatte seinen Norbert Bicher; der CDU-Mann Roland Koch seinen Dirk Metz, und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat seit bald 25 Jahren ihre Beate Baumann. Sie alle sind oder waren engste Vertraute, zentrale Berater, Seelenmasseure und Krisenmanager in einer Person. Nur wenige Politiker können eine derartige Nähe zulassen, und nur wenige vom Schlage Steinleins können sich so lange und kompromisslos einem Politiker verschreiben. Deshalb sind solche Bündnisse sehr selten.

Dabei ähnelt sich oft zwar die Nähe, nicht aber die jeweilige Rolle. Steinlein gehört wie einst Bicher zu den Besänftigern, die vor allem Ruhe reinbringen. Metz dagegen wirkte bei Koch auch als Antreiber. Und Baumann liegt genau dazwischen. Wichtig ist eines: Sie müssen nicht immer gleich denken, aber immer wissen, was sich im Kopf des anderen abspielt Falsch wäre es, Steinmeier nach wie vor als Chef und Steinlein als dessen Mitarbeiter zu betrachten. Über die Jahre ist aus deren Beziehung eine Symbiose erwachsen. Bei beiden regiert der Kopf, nicht das Gefühl; beide sind eher trockene Typen. Und beide gehören nicht zu denen, die mit Getöse in den Kampf ziehen. Steinmeier stammt aus Ostwestfalen, Steinlein aus dem brandenburgischen Nauen - gemeinsam lernten sie, dass sich östliche und westliche Gemüter sehr ähnlich sein können.

Chef übrigens ist Steinlein einmal doch gewesen - als letzter Botschafter der DDR in Paris. Diesen Posten hatte er vor allem bekommen, weil er in der Wendezeit im Umfeld von Wolfgang Ullmann, dem Bürgerrechtler und Theologen, studierte. In diesem Milieu lernte Steinlein auch David Gill kennen, der derzeit das Bundespräsidialamt leitet. So kommt es, dass Noch-Präsident Joachim Gauck und Bald-Präsident Steinmeier zwar recht große Unterschiede aufweisen, ihre Amtschefs aber gleiche Wurzeln haben.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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