Profil:Sadiq Khan

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Sadiq Khan ist der erste muslimische Bürgermeister der britischen Hauptstadt London. (Foto: Rob Stothard/Getty Images)

Er ist erster muslimischer Bürgermeister der britischen Hauptstadt London.

Von Christian Zaschke

Der neue Bürgermeister von London wollte eigentlich Zahnarzt werden. Sadiq Khan hatte seinen Gesamtschulabschluss in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften gemacht - aber dann schlug ihm ein Lehrer vor, doch mal über Jura nachzudenken. Der diskussionsfreudige junge Mann fand das gar nicht so übel.

Den Ausschlag gab die amerikanische Fernsehserie "L.A. Law", die von den stets spannenden Fällen und dem aufregenden Leben von Anwälten in Los Angeles handelt. So wollte Khan auch werden, und also schrieb er sich an der University of North London für Rechtswissenschaften ein. Es war der Beginn einer bemerkenswerten Karriere, die mit der Wahl zum Bürgermeister der britischen Hauptstadt ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

Im Wahlkampf stand Khan der Milliardärssohn Zac Goldsmith gegenüber, und seine Strategen wiesen unermüdlich darauf hin, wie denkbar unterschiedlich die Lebensgeschichten der beiden Männer sind. Goldsmith wuchs als Teil des englischen Establishments auf. Khan wurde 1970 als Sohn pakistanischer Einwanderer geboren, er hat sieben Geschwister. Sein Vater arbeitete als Busfahrer, seine Mutter als Näherin. Die Familie lebte in einer Dreizimmer-Sozialwohnung im Süden Londons, bis zu seinem Auszug teilte sich Khan ein Etagenbett mit einem seiner Brüder.

Dass der Vater als Busfahrer nicht nur ein gesichertes Auskommen fand, sondern zugleich weitreichende Arbeitnehmerrechte genoss, nahm Khan früh für die Arbeit der Gewerkschaften ein. Bereits im Alter von 15 Jahren trat er in die Labour-Partei ein. Nach dem Studium ließ er sich in den Rat des Londoner Stadtteils Wandsworth wählen. Hauptberuflich arbeitete er als Menschenrechtsanwalt, bis er 2005 Abgeordneter im Parlament von Westminster wurde. Unter anderem vertrat er als Anwalt auch islamistische Extremisten, wies jedoch stets darauf hin, dass er deren Ansichten nicht teile. Dennoch rückten die Konservativen diese Tätigkeit ins Zentrum ihrer Kampagne gegen Khan und warfen ihm Nähe zu Terroristen vor. Dass die Kampagne nicht verfing, liegt auch daran, dass Khan ein liberaler Muslim ist. Er hat sich für die Schwulenehe eingesetzt, warb dafür, dass ein Pub in seinem Wahlkreis geöffnet bleibt, und er verurteilte antisemitische Äußerungen mancher seiner Parteifreunde aufs Schärfste.

Khan ist der erste muslimische Bürgermeister Londons. Die Konservativen hatten den Glauben Khans im Wahlkampf immer wieder zum Thema gemacht. Khan ertrug es gelassen, nur einmal sagte er in einer Rede: "Es ist nicht nötig, fortwährend darauf hinzuweisen, dass ich Muslim bin. Das steht sogar auf meinen Flugblättern." Vier Jahre lang wird er nun an der Spitze der 8,6-Millionen-Einwohner-Metropole London stehen, seiner Heimatstadt. Der Independent nannte ihn an diesem Wochenende den "mächtigsten muslimischen Politiker Europas".

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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