Der Mann mit der Zahnlücke bestimmt die Geschicke des Südsudan schon sehr viel länger, als es diesen Staat überhaupt gibt. Riek Machar, der alte Rebellenführer, ist über sechzig, sein Land gerade erst fünf Jahre alt geworden. Am Samstag wollten die Südsudanesen eigentlich Geburtstag feiern, doch wieder einmal hat es mit Machar zu tun, dass es anders kam.
Am Wochenende haben schwere Gefechte die Hauptstadt Juba erschüttert; Hunderte sollen inzwischen getötet worden sein. Die Konfliktparteien: Riek Machars Anhänger, die Ex-Rebellen, und auf der anderen Seite Soldaten, die treu zum Präsidenten Salva Kiir stehen. Am Montag ging es weiter mit Schüssen und Explosionen. Der Bürgerkrieg ist in den Südsudan zurückgekehrt.
Mehr als zwei Millionen Menschen sind heimatlos
Dabei hatte es gerade so ausgesehen, als sei der jüngste Staat der Welt nach mehr als zwei Jahren Krieg endlich auf dem Weg zum Frieden. Machar war im April aus dem Exil nach Juba zurückgekehrt, um mit seinem Rivalen Kiir eine Einheitsregierung zu bilden. Darauf hatten sich die beiden Gegenspieler eigentlich schon vor einem Jahr geeinigt, doch Machar hatte dem Abkommen zuerst nicht getraut. Seine Rückkehr nach Juba galt als Wendepunkt in diesem zähen Friedensprozess.
Beginnt nun alles wieder von vorne? Fällt das Land zurück in den Krieg, der 2013 mit einem Machtkampf zwischen Kiir und Machar, damals Vizepräsident, begonnen hatte, und der zu einem Konflikt mit ethnischem Anstrich anschwoll, weil die zwei Warlords ihre Herkunft geschickt einsetzten, um Anhänger zu mobilisieren?
Die Auseinandersetzung hat Zehntausende das Leben gekostet und mehr als zwei Millionen heimatlos gemacht. Es steht viel auf dem Spiel für die bitterarmen Bewohner dieses eigentlich fruchtbaren und ölreichen Landes. Machar und sein Rivale riskieren nun leichtfertig, was in den vergangenen Monaten an mühsamer Friedensarbeit geleistet wurde. Erst am Montagabend riefen sie - jeder für sich - einen Waffenstillstand aus. Seither herrscht weitgehend Ruhe. Immer noch ist unklar, warum die Kämpfe überhaupt wieder begonnen haben; man munkelt, dass die beiden Anführer ihre Armeen nicht mehr unter Kontrolle haben.
Kein verlässlicher Frieden
Dabei ist Machar kein stumpfer Guerillero. Bevor er sich in den Achtzigern dem Unabhängigkeitskampf anschloss, machte er in Bradford seinen Doktor in Philosophie. Er vermittelte zeitweise zwischen Uganda und der Lord's Resistance Army; Zeugen lobten damals sein diplomatisches Geschick. An Machthunger fehlte es Machar allerdings nie. Mitten im Befreiungskampf spaltete er die Rebellenarmee und ging ein kurzes Bündnis mit dem Regime in Khartum ein.
Als der Südsudan 2011 schließlich unabhängig wurde, hatte sich Machar längst wieder den Rebellen angeschlossen und wurde Kiirs Stellvertreter. Als der ihn 2013 feuerte, weil er ihn eines Putsches verdächtigte, griff Machar wieder zu den Waffen. Seine Geschichte gibt wenig Anlass zu glauben, dass er sich verlässlich für Frieden einsetzen wird. Da ist er seinem Rivalen Kiir ausnahmsweise ähnlich.