Profil:Monica Cirinnà

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Italienische Senatorin und Kämpferin für die Rechte der Homosexuellen.

Von Oliver Meiler

In Italien ist eine Politikerin, die mit ideologischer Leidenschaft auftritt, schnell eine "Pasionaria", eine Revolutionärin und Vorkämpferin. Der Begriff, aus dem Spanischen importiert, passt gut zur 53 Jahre alten Römerin Monica Cirinnà, einer energischen Frau mit unverblümter Rhetorik und auffällig fülligen Locken. Früher, als Cirinnà noch im römischen Stadtrat saß, engagierte sie sich mit Vehemenz für Tiere, ließ streunende Katzen und Hunde in Heime bringen. Die Medien nannten sie "Pasionaria degli animali", als habe sie ihre Karriere ganz diesem Engagement gewidmet. Landesweite Bekanntheit erlangte Monica Cirinnà nun aber als einerseits gefeierte, andererseits verfluchte Pasionaria für die Rechte der Homosexuellen.

Das Gesetz der "Unioni civili", der eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare nach deutschem Vorbild, das in den nächsten Tagen nach langem Kampf verabschiedet werden soll, trägt den Namen dieser Senatorin des Partito Democratico: Legge Cirinnà. Sie war es, die es in mühseliger Kommissionsarbeit so formulierte, dass es katholische Traditionalisten nicht brüskierte und gleichzeitig die Progressiven in Italien nicht enttäuschte - ein schier unmögliches Unterfangen, zumal sich die katholische Kirche in solchen Fragen immer mächtig einmischt. Drei italienische Regierungen, linke wie rechte, waren schon daran gescheitert.

Sollte das Gesetz nun doch endlich gelingen, wäre das wesentlich der Passion von Cirinnà zu verdanken. Sie tourte durch die Fernsehstudios, erklärte, relativierte. Sie kämpfte gegen die Verzerrungen der Gegner, wehrte sich etwa gegen den Vorwurf, sie wolle heimlich die Leihmutterschaft legalisieren. Italiens Karikaturisten hatten Freude an ihr, die Parodisten auch. Doch auch die Gegner brauchten ihr Gesicht - als Feindbild.

Bis vorige Woche hatte es den Anschein, als komme das Gesetz so durch, wie es Cirinnà aufgesetzt hatte. Doch dann brachen die Senatoren des Movimento Cinque Stelle, die ihren Zuspruch versprochen hatten, nur wenige Minuten vor der Abstimmung ihr Wort. Drama bis zuletzt. Cirinnà wollte hinwerfen. "Ich bin enttäuscht und müde", sagte sie der Presse. Auf Twitter war sie deutlicher: "Wenn das Gesetz nun zur Schweinerei verkommt, entziehe ich ihm meinen Namen und verlasse die Politik." Eine Alternative hätte Cirinnà in der Toskana, da führt sie mit ihrem Mann einen Bauernhof mit Katzen, Hunden, Eseln, Pferden. Doch sie blieb. Wahrscheinlich hatte Matteo Renzi, ihr Parteichef und Premierminister, auf sie eingeredet.

Nun schickt sich die Linke an, den Artikel 5 aus der Gesetzesvorlage zu streichen, jenen zur Adoption von Stiefkindern durch den Lebenspartner, der auch im Volk keine Mehrheit hat. Ohne Artikel 5 sollten die vielen Christdemokraten im Senat die Legge Cirinnà billigen. Eine Schweinerei? Monica Cirinnà sagt, sie könne damit leben. Für eine echte Pasionaria klingt das doch reichlich resigniert.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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