Profil:Mohamed Ali Najafi

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Der 66-jährige Reform-Veteran wird neuer Bürgermeister von Teheran.

Von Tomas Avenarius

Wenn es um Iran geht, kommt das vermeintlich Wichtigste am besten immer vorneweg: Ja, Mohamed Ali Najafi ist wirklich ein in der Wolle gefärbter Reformer. Obwohl die inneriranischen Machtverhältnisse eigentlich undurchschaubar sind und Etiketten wie Hardliner oder Reformer nie hundertprozentig passen, ja oft sogar das Entscheidende unterschlagen, zeigt die Liste der Herren, denen Najafi bisher gedient hat, auf welcher Seite er im immerwährenden Machtkampf der Islamischen Republik steht: Einer seiner Herren war Mohamed Khatami, einst Reformstar im Präsidentenamt und bis heute einflussreicher Berater. Wer so einem Mann dient, der hat sich entschieden.

Wenn der 66-jährige Mathematiker Najafi nun also Bürgermeister der Hauptstadt Teheran wird, übernimmt ein eindeutig fortschrittlich gesinnter Kopf die Geschäftsführung der 15-Millionen-Metropole. Das war nicht immer so: Najafis Vorgänger war ein pragmatischer, aber politisch schwer einzuordnender Macher. Eher nationalistisch als schiitisch-klerikal, mehrfach Mitbewerber bei Präsidentschaftswahlen und ein Gegner des amtierenden Staatspräsidenten Hassan Rohani. Das ist Najafi nicht, im Gegenteil: Er ist ein langjähriger Gefolgsmann Rohanis. Der wurde selbst gerade erst im Amt bestätigt, tut sich bei der Umsetzung seiner überschaubaren Reformagenda aber weiter schwer gegen die Gralshüter der Islamischen Revolution und gegen den mächtigen Flügel der Nationalkonservativen.

Da kann einer wie Najafi dem Staatschef nur den Rücken stärken. Die rasant wachsende, bestenfalls in Teilen modernisierte Metropole Teheran ist das Aushängeschild des Landes, bildet das Machtzentrum, wirkt wie ein Magnet. Sie bietet trotz der gewaltigen Luft-, Verkehrs- und Wohnprobleme höhere Lebensqualität für eine entstehende Mittelklasse und Jobs für eine Landbevölkerung, die es aus den verarmenden Dörfern zunehmend in die große Stadt zieht. Wachstum und Zuzug irgendwie zu regeln ist daher eine der wichtigsten Aufgaben des neuen Bürgermeister.

Najafi hat Erfahrung im Umgang mit großen und sperrigen Apparaten. Der Wirtschaftsfachmann war in früheren Jahren bei der Nationalen Planungskommission, hat später das Kulturerbe- und Tourismusamt gemanagt, war Erziehungs- und Kulturminister. Auslandserfahrung hat er auch, er hat Mathematik an der US-Eliteuniversität MIT studiert. Zuletzt hatte er Rohani als Vizepräsident und Wirtschaftsberater gedient.

Auf diesen Posten war er bei den Konservativen unbeliebt: Sie hatten im Parlament schon seine erneute Berufung zum Erziehungsminister verhindert. Jetzt, kurz nach den landesweiten Kommunalwahlen, hat das Teheraner Stadtparlament Najafi aber einstimmig zum Bürgermeister gewählt. Das dürfte Rohani spürbar stärken, meint Saeed Laylaz, einer der kritischsten Köpfe des Landes: "Die Wahl von Najafi ist ein Wendepunkt für die Reformer."

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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