Profil:Matthew Festing

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Matthew Festing, Großmeister des Malteserordens im Kampf mit dem Vatikan. (Foto: Gregorio Borgia/AP)

Großmeister des Malteserordens im Gefecht mit dem Vatikan.

Von Stefan Ulrich

Der Malteserorden bietet den Schlüssellochblick Roms. Wer auf dem Aventin zur Villa des Ordens geht und durchs Schlüsselloch eines grünen Tores schaut, hat exakt die Kuppel des Petersdoms im Visier. Der Effekt untermalt in normalen Zeiten die Ausrichtung der Malteser auf Papst und Kirche. Doch die Zeiten sind anormal. Daher dürfte Matthew Festing, der 68 Jahre alte Großmeister des souveränen Ritter- und Hospitalordens, froh sein, dass der Vatikan auf der anderen Seite des Tibers liegt. Denn zwischen Orden und Kurie tobt ein außergewöhnlicher Zwist.

Dabei geht es um mehr als eine der üblichen römischen Palastintrigen. Es geht um Gehorsam, Souveränität und den künftigen Weg der katholischen Kirche. Der Großmeister setzt sich da gerade als Konservativer in Szene, während Papst Franziskus ja den Reformator gibt.

Im Zentrum des Ringens steht ein Deutscher - der Großkanzler der Malteser, Albrecht von Boeselager, der als Außen- und Innenminister fungiert. Am 6. Dezember ließ Seine Hoheit und Eminenz der Großmeister den Großkanzler ins Büro kommen, um ihn zum Rücktritt aufzufordern. Er hielt ihm eine "extrem schwerwiegende und unhaltbare Situation" vor. Um was genau es ging, drang nicht nach außen. Vermutet wird, dass der Meister dem Kanzler vorwarf, die Verteilung von Kondomen in der Dritten Welt geduldet zu haben.

Boeselager beteuerte, er sei ein treuer Diener der Kirche, und weigerte sich abzutreten. Festing warf ihm Ungehorsam vor und schloss ihn aus dem Orden aus. Dadurch verlor Boeselager sein Amt als Großkanzler. Er will jedoch nicht weichen. Festing habe rechtswidrig gehandelt, die Absetzung sei unwirksam, argumentiert der Großkanzler.

Der Streit wühlt den fast tausend Jahre alten Orden auf, der 13 500 Mitglieder hat und sich in aller Welt um Flüchtlinge, Kranke und andere Notleidende kümmert. Daher schaltete sich nun der Vatikan ein. Der Papst beauftragte eine Kommission zu untersuchen, warum der Großkanzler entlassen wurde. Daraufhin ließ Festing diese Woche erklären, die Amtsenthebung Boeselagers sei eine interne Verwaltungsentscheidung des Ordens. Die Einsetzung der Kommission sei inakzeptabel und sinnlos. Sie gefährde die Souveränität des Ordens. Die Malteser würden nicht mit ihr zusammenarbeiten. Ordensbrüder, die das doch täten, müssten mit Disziplinarmaßnahmen rechnen.

Nun ist der Malteserorden zwar kein Staat, aber dennoch ein souveränes Völkerrechts-Subjekt, das Münzen prägt und diplomatische Beziehungen zu vielen Ländern pflegt. Der Vatikan argumentiert jedoch, der Streit um den Großkanzler betreffe nicht die völkerrechtliche, sondern die religiöse Sphäre. Daher sei die Kurie sehr wohl zuständig. Aus dieser Sicht ist der Großmeister selbst ungehorsam.

Der britische Adelige Festing wuchs als Sohn eines Feldmarschalls in Ägypten, auf Malta und in Singapur auf. Einer seiner Vorfahren wurde von König Heinrich VIII. im Londoner Tower hingerichtet und gilt der Kirche als Märtyrer. Der junge Festing studierte Geschichte und arbeitete als Kunstsachverständiger für ein Auktionshaus. Bereits 1977 trat er dem Malteserorden bei. Er leitete viele Hilfseinsätze, etwa auf dem Balkan und in Libanon. 2008 wurde er vom Großen Staatsrat der Malteser auf dem Aventin zum Großmeister gewählt. Er sei humorvoll, aufgeschlossen und weltzugewandt, hieß es.

Dazu passt der Streit mit Boeselager schlecht. In Kirchenkreisen wird vermutet, hinter Festing stehe der ultrakonservative Kardinal Raymond Leo Burke, der Kardinalpatron der Malteser. Burke sabotiert den Erneuerungskurs des Papstes. Nun wird spekuliert, er wolle die Malteser gegen Franziskus in Stellung bringen. Festing wird große Meisterschaft brauchen, seinen Orden aus dem Konflikt herauszuführen. Über seine Arbeit sagte er mal: "Ob ich diesen Job empfehlen kann, weiß ich nicht."

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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