Profil:Mario Gomez

Lesezeit: 2 min

Der Nationalstürmer hat ein sehr komplexes Verhältnis zum Tor.

Von JAVIER CÁCERES

Tore gelten als die wichtigste Währung eines Stürmers, und eigentlich dachte man, Mario Gomez bilde da keine Ausnahme. Von wegen. Am Samstag in Berlin sagte Gomez, dass ihm Tore "nicht mehr ganz so wichtig" seien, und er führte zur Begründung an, er habe ein Alter erreicht, 30, in dem gewisse Dinge nicht mehr so relevant seien: "Wichtiger ist für mich, dass ich wieder die Körner habe, um mich gut zu bewegen und so der Mannschaft zu helfen", sagte er. Mario Gomez - ein Torjäger a. D.?

Ein bisschen Koketterie dürfte dabei gewesen sein. Zumal der Oberschwabe mit spanischen Wurzeln recht entspannt daherreden konnte. Aus der 2:3-Testspiel-Niederlage gegen England ging Gomez als einziger echter Gewinner hervor: Er erzielte seinen 26. Treffer für den DFB, nach 1382 Tagen ohne Länderspieltor.

Für Gomez war dies in mehrfacher Hinsicht wichtig. Erstens, weil er sich am Vorabend seiner Rückkehr in die Münchner Arena zurückmeldete. Dort war er vier Spielzeiten lang für den FC Bayern aufgelaufen, ehe er im Sommer 2013 als Triple-Sieger (Meisterschaft, Pokal, Champions League) nach Florenz weiterzog. Nun empfängt er in München mit der deutschen Nationalelf die Mannschaft Italiens. Zudem weiß er, dass er über Tore die Chance erhält, für die im Sommer in Frankreich stattfindende Europameisterschaft nominiert zu werden. "Diesmal möchte ich dabei sein und nicht wie bei der Weltmeisterschaft nur zuschauen", sagte Gomez. Bundestrainer Joachim Löw hatte ihn 2014 wegen Formschwäche nicht mit auf die Reise nach Brasilien genommen.

Spätestens jene Entscheidung verfestigte bei vielen Fans das Bild von Gomez als einem Profi, der ein gespaltenes Verhältnis zum Tor hat. Die Grundlage dafür hatte Gomez selbst schon früher gelegt. Bei der EM 2008 verfehlte er gegen Österreich das leere Tor aus einer Distanz, die man hätte messen können, ohne einen Zollstock ganz aufzuklappen. In der Szene hatte es so ausgesehen, als hätten Gomez' Füße den Signalen aus seinem Kopf nicht gehorcht.

Damals war der 1,89 Meter große Stürmer noch beim VfB Stuttgart aktiv. Mit dem Verein war Gomez 2007 Deutscher Meister geworden. Im Sommer 2009 wurde er vom FC Bayern abgeworben - für eine Ablösesumme von angeblich mehr als 30 Millionen Euro. 2013 folgte dann der Wechsel nach Florenz - für eine wesentlich geringere Ablöse. Florenz liebte Gomez; eine Verletzungsserie führte aber dazu, dass er die Zeit in der Toskana als "verlorene Jahre" bezeichnet.

Entsprechend sarkastisch quittierte Gomez, dass ihm gegen England ausgerechnet ein italienischer Referee einen legalen Treffer aberkannte: "Läuft nicht so mit mir und Italien." In jedem Fall schlechter als jetzt in der Türkei. Im Sommer wurde Gomez an Beşiktas Istanbul verliehen. Dort hat er in 26 Spielen 19 Tore erzielt. Diese Treffer gaben ihm neues Selbstvertrauen. Genau deshalb waren sie Mario Gomez wichtig. Sehr wichtig.

© SZ vom 29.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: