Profil:Kim Hammonds

Lesezeit: 2 min

Die Amerikanerin soll die Computersysteme der Deutschen Bank aufräumen: Kim Hammonds. (Foto: oh)

Amerikanerin, die der Deutschen Bank endlich eine moderne IT besorgen soll.

Von Meike Schreiber

Unlängst wurde Kim Hammonds gefragt, was ihr das Wichtigste im Job ist. "Ich will, dass die Dinge jeden Tag laufen", sagte sie. Vor wenigen Monaten war das, auf einer Konferenz für Technologieexperten. "Die IT-Systeme müssen laufen und zwar jeden Tag, ich achte auf jedes Detail. Meine Kollegen macht das total verrückt."

Lässig auf einem Drehstuhl sitzend, erzählte sie von ihrem Alltag bei der Deutschen Bank. Wie eine Bankerin wirkte sie dabei nicht: Business-Kostüm, Perlenkette, Pumps? Nein. Stattdessen trug sie schwarzen Rock, Strickjacke und Lederstiefel, um den Hals einen enormen Schal gewickelt, die wildwuchernden blonden Locken mit einer Spange gebändigt. Man könnte sie also für lässig halten. Aber eben nur so lange, bis sie zu reden beginnt.

Kim Hammonds, 48, ist die designierte IT-Vorstandsfrau der Bank, und man kann sich ausmalen, wie sie auf die nicht enden wollende Skandal- und Pannenserie des Hauses reagiert. Zuletzt etwa, als sich ein Mitarbeiter vertippte und sechs Milliarden Dollar versehentlich auf das Konto eines Hedgefonds überwies. Was genau schieflief, blieb unklar; die Computersysteme werden jedoch ihren Anteil gehabt haben. Und die, so diagnostizierte es der neue Vorstandschef John Cryan diese Woche, sind "veraltet und lausig".

Eine Großbaustelle also, die zu beseitigen er nun Hammonds ausgesucht hat. Erst seit 2013 ist sie bei der Bank; sobald es die Finanzaufsicht genehmigt hat, wird sie in den Vorstand aufrücken. Zwanzig Jahre lang war das oberste Führungsgremium ein Herrenklub. Nun gibt es dort bald zwei Frauen: Sylvie Matherat, die sich um die Regulierung kümmert, und Kim Hammonds, verantwortlich für IT. Zwei der wichtigsten Ressorts des Instituts sind in weiblicher Hand.

Denn was für Cryans Vorgänger Anshu Jain und Jürgen Fitschen der Kulturwandel war, mit dem sie vergeblich die Zeit der Skandale hinter sich lassen wollten, das ist für Cryan die Entwirrung und Erneuerung der IT. Für Computersysteme wollten seine Vorgänger kein Geld in die Hand nehmen. IT? Nicht wirklich sexy. Lieber reservierte man das Geld für die Boni der Investmentbanker. Die Folge: In den Londoner Handelssälen arbeiten einzelne Teams auf mehr als 100 Plattformen; viele Daten müssen gar manuell nachgetragen werden; mehr als ein Drittel der Hardware ist mittlerweile veraltet.

Das rächt sich nun gleich mehrfach: Da sind die Finanzaufseher, die von den Banken heutzutage auf Knopfdruck Tausende Daten verlangen; da sind Hacker, die die Institute immer öfter angreifen; da ist eine Armada an Start-ups, die den etablierten Kreditinstituten inzwischen mit originellen Ideen den Rang ablaufen.

Das soll im Fall der Deutschen Bank nun Kim Hammonds verhindern. Noch ist nicht viel bekannt über die neue Wunderwaffe, das Wenige aber ist bemerkenswert. Zum Beispiel ihr offener Umgang mit einer Krebserkrankung, die sie vor mehr als zehn Jahren durchmachte. Seither unterstützt sie eine wichtige amerikanische Krebsorganisation, sogar ihre eigene Stiftung, The Zoë Foundation, hat sie ins Leben gerufen: Sie fördert Maltherapien für Krebskranke. Auf der Webseite der Stiftung sind Fotos aus der schweren Zeit zu sehen, zusammen mit ihrer kleinen Tochter. Heute lebt sie in London: In der dortigen Niederlassung der Bank befindet sich auch ihr Büro.

Auch ihr Lebenslauf ist ungewöhnlich, zumindest für Banker. Studiert hat sie Maschinenbau und Marketing in Michigan; beim Autohersteller Ford machte sie Karriere, war dort rasch für 450 Mitarbeiter verantwortlich. Es folgen Stationen beim Computerhersteller Dell, bis 2013 leitete sie die IT des Flugzeugbauers Boeing. Man kann sich also gut vorstellen, dass sie zunächst gefremdelt hat mit der Deutschen Bank. Manchmal, so sagte sie auf der Konferenz mit Blick auf die eigenen Systeme, "könne sie gar nicht glauben", was sie da sehe.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: