Profil:Keiko Fujimori

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Keiko Fujimori, Diktatorentochter aus Peru mit bester Aussicht aufs Präsidentenamt. (Foto: AP)

Die Diktatorentochter aus Peru hat beste Aussichten auf das Präsidentenamt.

Von Sebastian Schoepp

Die 1990er-Jahre gelten in Lateinamerika als "verlorenes Jahrzehnt". Zwar gewählte, aber mit fragwürdigem Demokratieverständnis ausgestattete Präsidenten richteten in vielen Ländern Chaos an. Armut, Gewalt und Auswanderung waren die Folge. Ein Name, der für diese Epoche steht, lautet Fujimori. Alberto Fujimori war von 1990 bis 2000 Präsident von Peru und regierte zeitweise wie ein Diktator. Inzwischen sitzt er wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen im Gefängnis. Nun sieht es danach aus, als würde der Name Fujimori zurückkehren. Seine Tochter Keiko hat laut Umfragen beste Aussichten, am Sonntag zur Präsidentin gewählt zu werden - mit einem Programm, das stark an ihren Vater erinnert.

Das ist kein Wunder: Die 41-Jährige wuchs im Hofstaat Alberto Fujimoris auf, der sie nach seiner Scheidung zur primera dama erklärte, die an seiner Seite Repräsentationsaufgaben übernahm. Keiko Fujimori ist ein politisches Talent, schon 2011 verlor sie die Wahl nur knapp. Sie hat in den USA studiert, macht aber auch in einem Anden-Poncho eine gute Figur - anders als ihr Gegenkandidat. Der greise Ex-Weltbankmanager Pedro Pablo Kuczynski, ein integrer aber steifer Schöngeist, wirkt in Anden-Kleidung eher wie ein Tourist. Zwar hat auch Keiko nicht-andine Vorfahren, sie kamen in den 1930er-Jahren aus Japan, doch sie schafft es, mit großer Show und lebhafter Eloquenz auch bei Hochlandbewohnern anzukommen.

Dynastische Elemente sind in Lateinamerikas Politik häufig, sie sind ein Resultat der auf Clanstrukturen fußenden Gesellschaftsordnung. Keiko Fujimoris Vater bekämpfte einst die Terrorgruppe Leuchtender Pfad mit Morden, Folterungen, Zwangssterilisationen. 200 000 Tote blieben in dem schmutzigen Krieg auf der Strecke - doch der Präsident gewann ihn. Das rechnen ihm noch heute viele Peruaner hoch an. Der Wirtschaft verordnete er den neoliberalen Fujishock, was Wachstum erzeugte, aber auch soziale Ungleichheit - man sieht das in riesigen Elendsvierteln, etwa in der Wüstenstadt Lima.

Keiko Fujimori hat das politische Handwerk ihres Vaters der Jetztzeit angepasst. Sie hat die Stimmen all derer sicher, die für eine Regierung der harten Hand sind, wenn sie ein drastisches Vorgehen gegen Kriminelle ankündigt, etwa die Todesstrafe für Kinderschänder. Sie macht sich gemein mit den Evangelikalen, die Homosexualität für eine Krankheit halten. Auch ihr ökonomisches Programm knüpft an das des Vaters an, seit dessen Amtszeit ist der Staat in der Wirtschaft praktisch absent. Jeder macht, was er will, vor allem in den Bergwerksregionen. Keiko Fujimori will das forcieren, sie deutet an, Betreibern illegaler Minen freiere Hand zu lassen - eine Absicht, die Umweltschützer schockiert. Peru lebt vom Rohstoffexport, fallende Preise machen intensiveres Schürfen nötig. Kritiker sagen, das zementiere die Abhängigkeit von Rohstoffen.

Solche Kritiker finden sich vor allem im - kleinen - liberalen Bürgertum und auf der Linken, die derzeit in Lateinamerika auf dem Rückzug ist und bereits in Brasilien und Argentinien den alten Eliten das Feld überlassen musste. Immerhin schafften sie es in Lima, Massendemonstrationen gegen die Rückkehr des fujimorismo zu organisieren - Keiko musste sich von einem Berater trennen, gegen den wegen Drogengeschäften ermittelt wird. Einer ihrer Financiers wurde durch Enthüllungen der Panama Papers kompromittiert. Sie sei die "Kandidatin der malas prácticas", merkt der peruanische Schriftsteller Santiago Roncagliolo an, der unsauberen Regierungsführung, wie sie für die 1990er-Jahre typisch war.

Gegenkandidat Kuczynski behauptet, Alberto Fujimori ziehe die Fäden aus dem Gefängnis. Dass Keiko versuchen wird, ihren kranken Vater aus der Festungshaft in den Hausarrest zu überführen, ist im Fall ihrer Wahl wahrscheinlich. Zwar hat sie kürzlich in Harvard gesagt, ihr Vater habe Fehler gemacht. Aber Harvard ist weit weg von Peru.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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