Profil:Jewgenij Kaspersky

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(Foto: Andrew Harrer/Bloomberg)

Virenjäger aus Russland, dessen Software-Firma ins Fadenkreuz des FBI geraten ist.

Von Hakan Tanriverdi

Es ist eine gefährliche Welt, die Eugene Kaspersky beschreibt, wenn er auf Podien sitzt - was er gerne tut. "Die besten Software-Entwickler kommen aus Russland", sagt er dann in gutem Englisch — in dem der russische Akzent deutlich zu hören ist. Dann macht er eine Kunstpause und fährt fort: "Und die besten Cyberkriminellen dieser Welt, sie kommen auch aus Russland." Jewgenij Kaspersky , der sich international "Eugene" nennt, bekämpft sie. Er lebt von der Gefahr, und zwar gut: Unsicherheit ist das Geschäft des Mannes aus Moskau. Je mehr Lücken in der digitalen Welt klaffen, desto mehr Profit bringt ihm das, etwa über die Software, die Computerviren von Rechnern fernhält.

2017 versprach ein gutes Jahr zu werden. Er feierte Jubiläum, die nach ihm benannte Firma Kaspersky Labs gibt es seit 20 Jahren. Seitdem wird auch die Liste der Gefahren für Computerbenutzer länger. Der 52-Jährige kennt sie alle - deswegen ist er gefragt. Im Jahr 2015 stieg er 116 Mal in ein Flugzeug, um zu verreisen und Präsentationen zu halten, wie die New York Times berichtete. Kaspersky kann dabei anschaulich schildern, wie das Paradies der Hacker aussieht. Desktop-Rechner, Laptops, Smartphones, smarte Uhren, smarte Häuser, smarte Kameras, smarte Zahnbürsten - alles kann von fremden Menschen per Computer übernommen und kontrolliert werden. Wer länger mit Kaspersky redet, fängt an, das Wörtchen smart zu vermeiden.

Für eine IT-Sicherheitsfirma ist das Auftreten von Kaspersky Labs relativ originell. Sie hat einen Sponsorenvertrag mit Ferrari für die Formel 1, für ein Werbevideo wurde der Action-Schauspieler Jackie Chan verpflichtet. Eugene Kaspersky erzählt ihm darin von dem Abenteuer "Cyberwelt" und setzt ihm einen Helm mit einem Kaspersky-Logo auf - damit Chan "auf der sicheren Welle surft".

Kaspersky-Mitarbeiter haben weltweit Hacker-Angriffe aufgedeckt. Sie jagen kriminelle Gangs, aber sie spüren auch Aktivitäten nach, die von Regierungen ausgehen - zum Beispiel den Angriffen des US-Geheimdienstes NSA sowie denen einer Gruppe, die ihre Befehle vom Kreml erhalten soll und die zum Beispiel die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck (Grüne) ins Visier nahm.

Doch ein Hacking-Fall ist es nun, der Kaspersky zum Verhängnis werden könnte. Während des US-Wahlkampfs hatten Geheimdienste damit begonnen, vor einer Einflussnahme des russischen Staates auf die USA zu warnen. Die Wahl ist vorbei, doch die Warnungen werden schriller, und sie treffen auch Firmen, die in Russland ihren Sitz haben. So wie Eugene Kaspersky, der in Moskau lebt. Als Grund dafür gibt er an, dass die Menschen mit dem meisten Talent in seiner Branche eben in Russland zu Hause seien

Kasperskys eigene Karriere begann, nachdem er in einem russlandweiten Mathe-Wettbewerb den zweiten Platz belegt hatte. Von dort aus führte sein Weg an eine KGB-Hochschule. Seither wird ihm unterstellt, Verbindungen zum russischen Geheimdienst zu pflegen. Vor ein paar Monaten sprach er noch von einem "Gegenwind". Mittlerweile hat sich daraus ein Sturm entwickelt. Das FBI warnt amerikanische Firmen und Behörden, Produkte von Kaspersky einzusetzen. Die russische Regierung könne die Software dazu missbrauchen, in Firmen- und Regierungsnetzwerken zu spionieren. Beweise wurden bis jetzt keine geliefert. Rufschädigend dürfte es dennoch sein.

Zwielichtige Geschäftspraktiken, Auftragsarbeit für russische Geheimdienste bis hin zu illegalen digitalen Angriffen - solche Vorwürfe gegen Kaspersky hat es immer wieder gegeben. In sozialen Netzwerken antwortete er stets mit Gegenangriffen. Das seien infame Lügen. Er weiß: Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, wäre das katastrophal fürs Geschäft. 400 Millionen Nutzer und 270 000 Firmen könnten weg sein - auch ohne Hacker-Angriff.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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