Profil:Ivan Savvidis

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Griechisch-russischer Oligarch und Besitzer des Fußballklubs Paok Saloniki.

Von Luisa Seeling

Zu sagen, dass Ivan Ignatjewitsch Savvidis wilde Wochen hinter sich hat, wäre untertrieben. Andererseits: Das Leben des 58-Jährigen war auch vorher kein langer, ruhiger Fluss. Die jüngsten Turbulenzen hat er zudem selbst ausgelöst: Mitte März stürmte der griechisch-russische Oligarch und Fußballklubbesitzer mit einer Pistole am Gürtel aufs Spielfeld, um beim Spiel zwischen seinem Erstligaverein Paok Saloniki und AEK Athen gegen die Annullierung eines Tores zu protestieren.

Die griechische Regierung sah sich genötigt, die Meisterschaft auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Savvidis tauchte erst unter, dann wieder auf, entschuldigte sich "bei den Fans von Paok, bei allen griechischen Fans und bei der internationalen Fußballgemeinschaft" und beteuerte, niemanden bedroht zu haben. Seine Zerknirschung ändert nichts daran, dass dem Klub Sanktionen drohen. Auch der Weltverband Fifa macht Druck: Sollten die Griechen nicht endlich gegen Korruption und Gewalt in ihren Stadien vorgehen, könnte es zum "Fußball-Grexit" kommen, zum Ausschluss vom internationalen Fußballgeschehen.

Savvidis war da schon bei seinem nächsten Streich: Soeben verkaufte er seine Firma Donskoy Tabak an Japan Tobacco, 1,3 Milliarden Euro brachte ihm das ein. Damit ist er endgültig angekommen in der Liga der griechischen Superreichen, die sich nicht nur im Fußball Einfluss erkaufen. Vor allem in die nordgriechische Stadt Thessaloniki hat Savvidis so viel Geld gesteckt, dass dort der Ausdruck "Ivanaptiksi" kursieren soll - "Wohlstand, der von Ivan ausgeht". 2012 kaufte er Paok Saloniki, als der Verein finanziell am Boden lag. Er investierte in ein Luxushotel, einen Fernsehsender, Zeitungen, eine Mineralwasserfirma und den Hafen von Thessaloniki - um nur einige seiner Geschäftsfelder zu nennen.

Savvidis' Aufstieg zu einem der mächtigsten Oligarchen Griechenlands verlief als sowjetische Variante des klassischen Tellerwäscher-Mythos. Savvidis ist Pontos-Grieche, geboren in Georgien, aufgewachsen in der südrussischen Stadt Rostow am Don. Er verdingte sich als Clown, später fand er Arbeit in der Tabakindustrie, wo er zunächst Zigaretten rollte. Er studierte und promovierte, wurde Unternehmer, machte Donskoy Tabak CJSC zum größten Zigarettenhersteller der früheren Sowjetunion. Von 2003 bis 2011 saß er für Putins Partei Einiges Russland in der Duma; zugleich baute Savvidis seinen Einfluss in Griechenland aus, seit 2013 ist er griechischer Staatsbürger.

Die alteingesessenen Oligarchen lehnen Savvidis ab - der bärtige Haudegen mit dem pontischen Dialekt gilt als Parvenü, dem der Stallgeruch alter Reeder-Dynastien fehlt. Hinzu kommt, dass er - für Griechenlands Reiche eher ungewöhnlich - der linken Syriza-Partei von Premierminister Alexis Tsipras nahesteht. Savvidis hat Tsipras schon lobend mit Putin verglichen und ihn sich als "ewigen Premier" gewünscht. Nach dem Pistolen-Eklat distanzierte sich die Regierung in Athen in Maßen von ihm, verprellen will sie ihn aber sicher nicht. Anfang 2019 wählen die Griechen ein neues Parlament, Syriza muss die mehr als eine Million Paok-Fans und mehrere Hunderttausend Pontos-Griechen im Blick haben, von denen viele ihren "Ivan" wie einen Volkshelden feiern.

Anderen ist der umtriebige Unternehmer unheimlich. Mancher hält ihn gar für eine Art russisches U-Boot - gesteuert von seinem Freund Putin, der das krisengebeutelte Griechenland als Einfallstor in die EU nutzen wolle. Insbesondere der Erwerb von Teilen des Hafens von Thessaloniki hat Geostrategen in Washington und Brüssel in Unruhe versetzt. Savvidis selbst hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich eine Allianz zwischen Athen und Moskau wünscht: Griechenlands Rettung, sagte er schon vor ein paar Jahren, liege nicht im Westen, sondern in der christlich-orthodoxen Welt, in der Russland nun mal das größte und reichste Land sei.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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