Profil:Claire Foy

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Die Britin war das Gesicht der Queen. Auf der Berlinale spielt sie nun eine Hauptrolle.

Von Alexander Menden

Im Oktober war Claire Foy bei der BBC-Talksendung "The Graham Norton Show" zu Gast. Sie saß neben ihrem amerikanischen Schauspielerkollegen Adam Sandler, der ihr im Laufe der Sendung mehrmals die Hand aufs Knie legte. Diese Geste kritisierten britische Medien als Übergriff. Claire Foy sah sich veranlasst, öffentlich zu versichern, sie habe sich gar nicht belästigt gefühlt. Es sei für sie ärgerlicher gewesen, dass andere sich in ihrem Namen aufgeregt hätten. Gerade vor dem Hintergrund der "Me Too"-Bewegung habe niemand das Recht, ungefragt für sie zu sprechen.

Die 33-jährige Engländerin wehrt sich stets resolut dagegen, von anderen vereinnahmt zu werden. Als sie vor drei Jahren die Hauptrolle in der opulent ausgestatteten Netflix-Serie "The Crown" übernahm, muss ihr allerdings klar gewesen sein, dass ein gewisses Maß an Verschmelzung mit der Figur unvermeidlich sein würde: Keine spielt Königin Elizabeth II. und bleibt danach in der Wahrnehmung des Publikums ganz sie selbst. So erging es der profilierten Schauspielerin Helen Mirren im Jahr 2006 nach ihrem Spielfilm "Die Queen" von Stephen Frears; so ergeht es nun auch Foy: Seit der Netflix-Serie ist sie das Gesicht der jungen Elizabeth.

Foy spielt die Queen in den ersten beiden Staffeln von "The Crown" mit brillant reduzierter Gestik und Mimik. Was sie zeigt, ist die Disziplin Elizabeths als Selbsterhaltungsstrategie in einer absurd prominenten Position. So sieht man die Königin in ihre Funktion hineinreifen, und auch Foy scheint von Folge zu Folge immer mehr Facetten ihrer Persönlichkeit zu entfalten.

Dass Claire Foy jetzt die Hauptrolle in Steven Soderberghs Horrorfilm "Unsane - Ausgeliefert" spielt, der an diesem Mittwoch bei der Berlinale Premiere feiert, mag auf "Crown"-Fans wie ein weiteres darstellerisches Register wirken: Ihre Figur Sawyer Valentini wird gegen ihren Willen in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Der Zuschauer weiß nicht, ob ihr Verfolgungswahn berechtigt ist oder nicht. Wer Foy 2012 in den Londoner Trafalgar Studios als bedrückend isolierte Lady Macbeth sah, oder ihre ehrgeizige, zunehmend verzweifelte Gattin von Heinrich VIII. in der BBC-Verfilmung von "Wolf Hall" (2015) kennt, weiß, zu welch dunklen Schattierungen die junge Frau als Schauspielerin fähig ist.

Claire Foy hat zwar vor allem mit der Darstellung von Monarchinnen reüssiert, kommt aber aus einer irischstämmigen Mittelschichtsfamilie. Im Jahre 1984 als jüngstes von drei Geschwistern in Stockport geboren, wuchs sie in Buckinghamshire auf, wohin ihr Vater, ein Vertreter für Bürotechnik, versetzt worden war. Sie absolvierte ein Drama- und Filmstudium an der Liverpool John Moores University und wollte ursprünglich Kamerafrau werden. Nach einem einjährigen Schauspielkurs an der Oxford School of Drama entschied sie sich jedoch für eine Beschäftigung vor der Kamera. Tatsächlich hat sie, ungewöhnlich für eine britische Schauspielerin, mehr in Film und Fernsehen gearbeitet als am Theater - sei es als bleiche, aber charakterstarke Titelfigur in der Dickens-Verfilmung "Little Dorrit" (2008) oder als korrupte Boulevard-Chefredakteurin in "Hacks" (2012).

Beruflich bedeutete "The Crown" für Claire Foy einen Karrieresprung. 2017 gewann sie für ihre Queen-Darstellung einen Golden Globe als "Beste Schauspielerin in einem Fernsehdrama". Seit 2014 mit dem Schauspieler Stephen Campbell Moore verheiratet, haderte sie nach der Geburt ihrer Tochter zugleich damit, wie schwer sich langwierige Drehs oft mit ihrem Familienleben vereinbaren ließen. Auch hier widerstand sie übermäßiger Vereinnahmung: Es sei "verrückt" gewesen, erzählte sie jüngst in einem Vogue-Interview, aber sie habe auch am Set von "The Crown" darauf bestanden, regelmäßig Milch für ihr Baby abzupumpen.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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