Profil:Bruno Mars

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Sechsfacher Grammy-Sieger, der weder schwarz noch eine Frau ist.

Von Jan Kedves

Wie man im Pop vom Imitator zum Original wird, dafür gibt es kein Rezept. Ob Bruno Mars inzwischen ein Original ist, darüber ließe sich auch streiten. Die Grammy-Jury scheint es jedenfalls so zu sehen, sie überhäufte den 32-jährigen Sänger am Sonntag in New York mit gleich sechs Preisen. Er ging als der große Gewinner aus einem Abend hervor, bei dem man eigentlich damit gerechnet hätte, dass er feministischer würde - die aus Neuseeland stammende Popsängerin Lorde hätte dann den Preis "Album of the Year" bekommen müssen. Viele erwarteten auch, dass sich die Diskussionen um die Benachteiligung von schwarzen Künstlern im Ergebnis ausdrücken. Dann hätte "4:44" von Shawn Carter alias Jay-Z oder "DAMN." von Kendrick Lamar zum besten Album des Jahres gekürt werden müssen; beides sind exzellente Rap-Werke, die reflektieren, was es heißt, heute in den USA schwarz zu sein. Die Grammy-Jury jedoch wollte sich von solchen Diskussionen wohl nicht beeinflussen lassen.

Sie zeichnete "24K Magic" aus, ein Gute-Laune-Retro-Pop-Album von einem Sänger, der bisweilen für schwarz gehalten wird, obwohl er aschkenasisch-jüdische und puertoricanische Wurzeln hat (von Seiten des Vaters) sowie philippinisch-spanische (von Seiten der Mutter). Geboren wurde Bruno Mars 1985 in Honolulu, Hawaii, und weil Peter Gene Bayot Hernandez ein unhandlicher bürgerlicher Name für einen Popstar ist, erinnerte er sich bald daran, dass die Mädchen in der Schule zu ihm sagten, er wirke, als sei er "nicht von dieser Welt". Also: Mars.

Bruno Mars ist ein begnadeter Handwerker und Showman, der auf der Bühne tanzt und wirbelt und robotisch zuckt, wie man es vorher wohl nur bei Michael Jackson gesehen hat. Das zeigt sein Gastauftritt vor zwei Jahren während der Halbzeit-Show des Super-Bowls in Santa Clara, Kalifornien. Für Mars ist Musik die Hauptsache, nicht - wie für andere Popstars - die logische Folge aus einer vorangegangenen Karriere als Disney-Kinderstar. Aber er ist eben auch einer, dem man immer noch anmerkt, dass er als Kind als Imitator begonnen hat: Mit vier Jahren stand er in Hawaii schon als Elvis Presley oder Michael Jackson auf der Bühne.

2014 nahm er zusammen mit dem britischen Produzenten Mark Ronson "Uptown Funk" auf, der zu einem großen Hit wurde und den Disco-Funk der frühen Achtzigerjahre nahezu eins zu eins wieder aufleben ließ. Er klang stellenweise dem Hit "Oops Up Side Your Head" der Gap Band so ähnlich, dass Mars und Ronson nachträglich sogar Autorenrechte abtreten mussten. Daraus lernte Mars, dass es besser ist, offen mit den Referenzen umzugehen und Zitate als Hommage zu verkaufen: Als er am Sonntag den Preis für das Album des Jahres entgegennahm, nannte Mars in seiner Dankesrede die in den Achtziger- und frühen Neunzigerjahren erfolgreichen schwarzen R&B-Produzenten Babyface, Teddy Riley und Jimmy Jam & Terry Lewis als große Paten seines Sounds. Er selbst habe eigentlich nur noch ein bisschen "Mars-Sauce" hinzugeben müssen.

Die Mars-Sauce ist eine Art Geschmacksverstärker. 2017 war in den USA das Jahr, in dem das schwarze Musikgenre Rap/R&B erstmals auf größere Marktanteile kam als der bisher traditionell beliebte weiße Rock. Erstaunlich ist, dass die Grammy-Jury aus diesem Jahr nun ausgerechnet ein Retro-Album auszeichnete, das ästhetisch eine Zeit aufleben lässt, in der Rap im Musikmarkt noch kaum eine Rolle spielte. Sofort nach der Bekanntgabe wurden die Preise deshalb in den sozialen Netzwerken entrüstet kommentiert: Bruno Mars habe die Auszeichnung nicht verdient, seiner Musik fehle Tiefgang und so weiter.

Der von Preisen und Häme Überschüttete selbst hält sich aus solchen Debatten heraus. Stattdessen überlegt er vermutlich bereits, welche bekannte Melodien er sich durch etwas Mars-Sauce noch zu eigen machen könnte.

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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