Profil:Binali Yıldırım

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Binali Yıldırım, Terror-Bekämpfer und wohl letzter Premierminister der Türkei. (Foto: AP)

Der wohl letzte Premier der Türkei muss im Schatten des Terrors regieren.

Von Mike Szymanski

Die Zeit von Binali Yıldırım als türkischer Ministerpräsident könnte bald zu Ende gehen. Sollte Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den angestrebten Wechsel zum Präsidialsystem wie erwartet vollziehen, wird es keinen Premier mehr unter ihm geben. Yıldırım ist der letzte seiner Art. Umso bedauerlicher ist es für ihn, wie sich seine kurze Schaffenszeit auf den Kampf gegen den Terror verengt.

Am ersten Tag des neues Jahres musste der 61-Jährige die Botschaft von einem großen Unheil überbringen. Wieder einmal haben Terroristen Istanbul heimgesucht. Im stadtbekannten Nachtlokal Reina erschoss ein mutmaßlicher IS-Attentäter 39 Menschen. Kurz zuvor hatte Yıldırım in seiner Neujahrsbotschaft gesagt, er teile "die Aufregung und das Glück des neuen Jahres mit all meinen Bürgern". Als das neue Jahr dann endlich da ist, muss sich Yıldırım zu Sätzen durchringen wie diesen: "Terror kann uns nicht einschüchtern."

Seit seinem Amtsantritt im Mai hat es etwa 20 kleine und größere Anschläge gegeben, mit Hunderten Toten und Verletzten. Im Sommer kam noch der Putschversuch hinzu, der das Land traumatisierte. In den Wochen danach war Yıldırım zugänglich für Gespräche mit Journalisten aus dem Ausland. Er lud sie in einen der schönen Paläste am Bosporusufer ein und stellte sich ihren Fragen. Er war zum Scherzen aufgelegt, die Stimmung: gelöst. Doch schon kurz darauf muss er wieder den Terror erklären, ein Selbstmordattentäter hatte ein Blutbad in einer Hochzeitsgesellschaft angerichtet.

Die Bürger erlebten erneut den harten Anti-Terror-Kämpfer, der sich von Feinden umzingelt sieht: Im Südosten des Landes wüten die Terroristen der PKK, in Syrien und im Irak die Terrormilizionäre des Islamischen Staates. Das Innere der Türkei haben nach Ansicht der Regierung Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen durchdrungen. Die Regierung macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich. In dessen Folge kam es zu Massenverhaftungen und -entlassungen. Regierungskritische Medien und Oppositionspolitiker stehen seither unter Druck wie noch nie, seit die AKP herrscht. Aber den Terror kriegt sie nicht in den Griff.

Gut möglich, dass Yıldırım als Verwalter der düstersten Tage in die Geschichte eingeht. Er löste vor bald einem Jahr Ahmet Davutoğlu ab, der keinen großen Ehrgeiz an den Tag legte, das von Erdoğan gewünschte Präsidialsystem einzuführen. Yıldırım setzt den Plan dagegen um.

Sein politisches Leben begann mit dem Aufstieg Erdoğans. Während dessen Zeit als Istanbuler Oberbürgermeister in den 90er-Jahren leitete der Schiffsbauingenieur die städtische Schnellbootflotte. Nachdem Erdoğans AKP 2002 an die Macht kam, war Yıldırım elf Jahre lang Verkehrsminister. Er war der "Milliarden-Dollar-Mann" der Regierung, weil er so viel Geld ausgeben durfte. Das waren die unbeschwerten Jahre des Politikers. Sie sind längst vorbei.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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