Profil:Berta Soler

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Mutige Castro-Kritikerin mit Hafterfahrung und Anführerin der Damen in Weiß.

Von Benedikt Peters

Bei den Agenten der kubanischen Staatssicherheit heißt Berta Soler nur "die Schwarze", eine abfällige, rassistische Anspielung auf ihre dunkle Haut wie auf ihre politische Haltung. Denn Soler ist eine der bekanntesten Kritikerinnen des Castro-Regimes, sie ist Anführerin der "Damas de Blanco", der Damen in Weiß. Das Europaparlament ehrte sie dafür 2005 mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte.

Daheim macht ihr das Regime das Leben umso schwerer. Fast jedes Wochenende muss Soler ins Gefängnis. Denn jeden Sonntag besuchen die Damen in Weiß zuerst den Gottesdienst in der Kirche Santa Rita in Havanna, danach bilden sie einen Protestmarsch. Mal schweigen sie, mal fordern sie mehr Freiheit, mal rufen sie nach der Abdankung des Castro-Regimes. Es gab eine Zeit, in der die Polizei Soler und die Damen gewähren ließ, zumindest, wenn sie nur vor der Kirche protestierten.

In den vergangenen zwei Jahren aber sind die sonntäglichen Festnahmen wieder zum Ritual geworden. Polizisten legen den Frauen Handschellen an, zerren sie in Busse und bringen sie zum Verhör in Gefängnisse, wo sie ein paar Stunden bleiben müssen. Andere Dissidenten werden bereits vor der Haustür abgefangen, damit sie gar nicht erst zur Demonstration der Damen gelangen. Auch am vergangenen Sonntag, kurz bevor US-Präsident Barack Obama in Kuba landete, nahm die Polizei nach Angaben von Dissidenten 200 Oppositionelle fest, unter ihnen Soler.

Für regimetreue Kubaner ist Soler Abschaum. Die Damen, so lautet der Vorwurf des Regimes, würden von Gruppen in den USA finanziert, um die Castros zu stürzen. Tatsächlich verteilen die Damen in Armenvierteln ab und an Süßigkeiten und Medikamente - Sachspenden, wie sie sagen.

In die erste Reihe der kubanischen Dissidenten rückte Soler durch eine private Tragödie. Ihr Mann wurde 2003 zusammen mit mehr als 70 anderen Regierungskritikern verhaftet und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Ehefrauen schlossen sich damals zu den Damen in Weiß zusammen und protestierten. Als die Häftlinge 2011 begnadigt wurden, gingen viele ins Exil nach Spanien - nicht aber Berta Soler. "Mein Platz ist in Kuba, ich bleibe, bis sich etwas verändert", sagt sie.

Derzeit laufen die Veränderungen aber nicht in die Richtung, die Soler gefällt. Obamas Annäherungspolitik kritisiert sie. "Es wäre besser, er wäre jetzt nicht gekommen", sagt sie am Telefon. Erst solle Obama verlangen, dass die Polizeigewalt in Kuba aufhöre und dass es keine politisch motivierten Festnahmen mehr gebe. Genau so will sie es dem Besucher aus Washington auch sagen, wenn der am Dienstag kubanische Dissidenten trifft. Ob sie dazu Gelegenheit haben wird, ist aber unklar. Sie ist zu dem Treffen eingeladen, allerdings stehe seit einigen Tagen ein Wachtposten vor ihrem Haus. "Sie haben gesagt, sie nehmen mich fest, wenn ich einen Schritt vor die Tür setze. Aber dann gehe ich eben in Handschellen."

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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