Profil:Anna Schudt

Lesezeit: 2 min

(Foto: Angela Weiss/AFP)

Die Schauspielerin gewinnt einen Emmy - und tritt damit endlich aus dem Schatten.

Von David Denk

Es war ein doppelter Triumph am Montagabend im Ballsaal eines New Yorker Hotels: Anna Schudt nahm ihren International Emmy als beste Schauspielerin für ihre Leistung in dem RTL-Drama "Ein Schnupfen hätte auch gereicht" entgegen und rief der darin von ihr verkörperten Komikerin Gaby Köster zu: "Gaby, wir haben es endlich nach New York geschafft! Ich liebe dich so sehr." Der Film basiert auf Gaby Kösters Autobiografie und handelt davon, wie sich die Kölner Komikerin nach einem schweren Schlaganfall zurück ins Leben kämpfte. Auch wenn sie das Scheinwerferlicht an diesem Abend Schudt überließ: Köster war da, im Publikum, in New York. "Ich habe sie rufen gehört", sagte Schudt. Ein Film, der so endet, würde zu Recht unter Kitschverdacht stehen.

Als Schudt, 44, nach der Verleihung Interviews gab, in der linken Hand ihren Preis und in der rechten einen goldenen Champagnerkelch, lachte sie gelöst in die Fernsehkameras. "Das ist der Wahnsinn, das ist so herrlich, das ist so wunderbar, das kann man nicht beschreiben." Dieser Abend gehörte endlich mal ihr (und ein bisschen auch Köster) - was umso wohltuender gewesen sein dürfte, als Schudt in ihrem TV-Hauptjob, beim Dortmunder "Tatort", ja immer ein wenig im Schatten ihres Kollegen Jörg Hartmann steht. "Eine großartige Bestätigung meines Wanderwegs" nannte Schudt schon die Nominierung für den Ableger des US-Fernsehpreises, mit dem zum nunmehr 46. Mal ausländische Produktionen und Künstler ausgezeichnet wurden, darunter auch der Däne Lars Mikkelsen, der wohl gut nachvollziehen kann, wie man sich im Schatten fühlt. Sein Bruder ist auch Schauspieler, Vorname: Mads.

Anna Schudt, geboren 1974 in Konstanz, absolvierte die Otto-Falckenberg-Schauspielschule in München und wurde gleich im Anschluss vom damaligen Intendanten Dieter Dorn an die Münchner Kammerspiele geholt, wo diese ungemein natürliche, leicht herbe Erscheinung schnell zu einem Jungstar des Ensembles avancierte. "Nie habe ich kämpfen müssen, immer hatte ich Glück", sagte sie 1999 vor ihrem Wechsel an die Berliner Schaubühne. Die Hauptstadt blieb eine Episode, Schudt wurde dort nicht heimisch; zwei Jahre später folgte sie Dorn ans Bayerische Staatsschauspiel.

Mitte der Nullerjahre bemühte sich Schudt verstärkt um Fernsehrollen - auch, um als alleinerziehende Mutter weniger Zeit auf Probebühnen und im Theater zu verbringen. Ganz davon lassen konnte und wollte sie aber nicht. Während eines Gastspiels in ihrer heutigen Wahlheimat Düsseldorf verliebte sich Schudt 2010 in ihren Kollegen Moritz Führmann, mit dem sie mittlerweile verheiratet ist und zwei weitere Söhne hat. Führmann strahlte in New York mit seiner Frau um die Wette: Sie habe viel in die Rolle investiert, sich mit einem Coach rheinischen Dialekt angeeignet und auch einen Physiotherapeuten zu Rate gezogen. "Und dafür so belohnt zu werden, das ist richtig schön", sagte Führmann.

Nach nur einer Staffel stieg Schudt 2007 wegen akuter Unterforderung aus der Christian-Berkel-Krimireihe "Der Kriminalist" im ZDF aus, spielte Episodenrollen in anderen Formaten ("Tatort", "Der Dicke", "Bella Block") sowie in Fernsehfilmen, ehe sie sich 2012 erneut an eine länger angelegte TV-Rolle heranwagte: im "Tatort". Dabei sei ihre erste Reaktion nach dem "Kriminalist"-Reinfall gewesen: "Oh nein, bloß keine Kommissarin." Doch der Reiz der Zusammenarbeit mit Jörg Hartmann, den sie aus der Schaubühnen-Zeit kannte, war zu groß. Andere würde ein Wuchtschauspieler wie Hartmann erdrücken, Anna Schudt hält als Martina Bönisch locker mit und dagegen. Aus der dauergestressten Mutter mit Eheproblemen ist in bisher zwölf Episoden eine taffe Single-Frau geworden, die, wenn es der Wahrheitsfindung dient, schon mal einen russischen Oligarchen verführt. Auch ihre Figur hat also schon einen gewissen Wanderweg hinter sich.

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: