Politik kompakt:Fünf Euro Aufschlag sind ihr "letztes Wort"

Lesezeit: 7 min

Ursula von der Leyen lehnt eine weitere Hartz-IV-Erhöhung ab. Die Arbeitsministerin will der SPD bei der Neuberechnung der Regelsätze nicht weiter entgegenkommen. Meldungen im Überblick

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will der SPD im Ringen um eine Durchsetzung der Hartz-IV-Neuberechnung im Bundesrat nicht entgegenkommen. Der von der Koalition vereinbarte Aufschlag von fünf Euro sei ihr "letztes Wort für diesen Regelsatz", sagte die Ministerin in der ZDF-Sendung Maybrit Illner.

Hartz IV: Neuberechnung
:Kein Bier, kein Benzin - und ein Trick

Endlich ist das Ringen um die Hartz-IV-Erhöhung vorbei: Künftig gibt es monatlich 364 Euro, vom kommenden Jahr an zusätzlich drei Euro mehr. Doch wie kommt die Regierung eigentlich auf diese Summen? Ein Überblick in Bildern.

Auch Gespräche über einen allgemeinen Mindestlohn lehnte die CDU-Politikerin ab. "Ein gesetzlicher Mindestlohn - politisch gegriffen - macht die gesamte Landschaft kaputt", warnte die CDU-Politikerin. "Absolut richtig" sei die geltende Regelung, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften Mindestlöhne für einzelne Branchen aushandeln könnten.

Von der Leyen verwies darauf, dass die Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes auf 364 Euro monatlich das Existenzminimum abdecke. Das habe das Statistische Bundesamt durch die Erfassung der Ausgaben von Geringverdienern ermittelt habe. Sie verwies darauf, dass Hartz-IV-Bezieher zudem ihre Miet- und Heizkosten erstattet bekämen und anderweitig begünstigt würden. Ein Alleinstehender müsse brutto 1250 Euro im Monat verdienen, um auf die Gesamtleistung an einen Hartz-IV-Bezieher zu kommen.

Weil die vom Bundesverfassungsgericht bis Jahresende angemahnte Hartz-IV-Neuregelung den Bundesrat passieren muss, ist die Bundesregierung auf die Zustimmung der Sozialdemokraten angewiesen. SPD-Chef Sigmar Gabriel lehnt die Hartz-IV-Erhöhung aber als unzureichend ab und macht Verhandlungen auch von einer Diskussion über einen gesetzlichen Mindestlohn abhängig.

(dapd/Reuters)

Der Verfassungsschutz warnt anlässlich der bevorstehenden Einheitsfeier in Bremen vor Anschlägen, die britische Polizei entschuldigt sich für ein umstrittenes Antiterrorprojekt und die rechtsgerichtete Minderheitsregierung in den Niederlanden will das Einwanderungsrecht verschärfen: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Einen Tag nach dem tödlichen Nato-Luftangriff in Pakistan haben mutmaßliche Extremisten am Freitag rund 30 Tanklaster der Allianz angezündet. Bei dem Angriff in der südpakistanischen Stadt Shikarpur sei niemand verletzt worden, teilten pakistanische Sicherheitskräfte mit. Etwa zwölf Angreifer hätten zunächst die Fahrer der Tanklaster mit Schüssen in die Luft vertrieben und dann die Fahrzeuge in Brand gesetzt. Der Treibstoff-Nachschub war für die Nato-Truppen in Afghanistan bestimmt.

In Pakistan waren am Vortag drei einheimische Soldaten von Nato-Hubschraubern getötet worden. Pakistan hatte daraufhin eine der wichtigsten Versorgungsrouten der Allianz nach Afghanistan unterbrochen. Die deutschen Truppen im Norden Afghanistans werden hauptsächlich über andere Routen versorgt.

(Reuters)

Der Präsident des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Hans-Werner Wargel, hat anlässlich der bevorstehenden Einheitsfeier in Bremen vor Anschlägen von Linksextremen gewarnt. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Wargel: "Wir beobachten eine starke Mobilisierung gewaltbereiter Linksextremisten im Vorfeld der Einheitsfeier." Im Internet werde unverhohlen zu Brandanschlägen und Sabotage aufgerufen, zum Teil richteten sich Drohungen auch gegen die Organisatoren. "Nach unseren Erkenntnissen sind die Aufrufe insbesondere den sogenannten Anti-Deutschen zuzurechnen, einer Strömung innerhalb der autonomen Szene." Diese Drohungen seien sehr ernst zu nehmen, betonte Wargel.

Generell sei in der linksextremistischen Szene "eine neue Qualität der Gewaltbereitschaft" zu beobachten. Wargel verwies auf ein 85-seitiges Handbuch mit dem Titel Prisma, das seit kurzem unter Linksextremen kursiere. "Eine solche Enzyklopädie autonomer Gewalt hat es noch nicht gegeben." Das lasse darauf schließen, dass die Szene Schlimmes vorhabe, warnte Wargel. In der Broschüre werde sehr professionell geschildert, wie man "Brandbomben baut, Straftaten vorbereitet, Spuren vermeidet oder polizeiliche Maßnahmen aushebelt".

(dpa)

Die britische Polizei hat sich für ein Antiterrorprojekt entschuldigt, in dessen Rahmen Überwachungskameras in überwiegend muslimischen Wohnvierteln installiert wurden. Ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht kritisierte die Aktion in Teilen Birminghams: Sie habe dem Vertrauen in die Polizei geschadet und Ärger in der Gemeinde hervorgerufen. Ein Polizeisprecher erklärte, die 2007 begonnene Installation von mehr als 200 Kameras in zwei überwiegend von Muslimen bewohnten Vierteln tue ihm leid. Beide Viertel wurden in der Vergangenheit mit islamischem Extremismus in Verbindung gebracht. Gegen das Projekt hatten Bürgerrechtsgruppen und Bewohner protestiert.

(dapd)

Die designierte rechtsgerichtete Minderheitsregierung in den Niederlanden will die Einwanderungsbestimmungen verschärfen und Ganzkörperschleier verbieten. Dies erklärte zumindest der rechtspopulistische Politiker Geert Wilders, dessen islamfeindliche Freiheitspartei (PVV) der geplanten Regierung zwar nicht angehören wird, diese aber stützen will. Die Regierung will demnach den Nachzug von Familienangehörigen sowie den Zuzug von ungelernten Einwanderern in die Niederlande erschweren. "Wir ergreifen beispiellose Maßnahmen, um die Einwanderung einzudämmen", sagte Wilders. Wer ins Land komme, müsse seine Integrationskurse selbst bezahlen und könne ausgewiesen werden, wenn er sie nicht vollständig absolviere.

(dapd)

Nach der erfolgreichen Nierenspende an seine Frau will SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier laut einem Bericht der Bild-Zeitung Ende Oktober wieder seine Arbeit im Bundestag aufnehmen. Der Politiker plane unter anderem für den 27. Oktober die Teilnahme an einer Diskussionsveranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion mit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, berichtet das Blatt.

Derzeit hält sich Steinmeier gemeinsam mit seiner Ehefrau Elke Büdenbender in einer Reha-Klinik auf. Er hatte seiner schwer kranken Frau Ende August eine Niere gespendet. Bei beiden verlief der Eingriff reibungslos.

(AFP)

Taliban-Kämpfer haben im Süden Afghanistans sechs Nato-Soldaten getötet. Drei der Soldaten kamen am Donnerstag durch eine Bombe ums Leben, wie das Bündnis mitteilte. Die drei anderen starben demnach bei voneinander unabhängigen Attacken. Die Nationalität der Getöteten wurde nicht öffentlich gemacht. Damit kamen in diesem Jahr 547 Nato-Soldaten am Hindukusch ums Leben, bereits 26 mehr als im ganzen vergangenen Jahr, wie eine Zählung von AFP ergab, die sich auf die Webseite icasualties.org stützt.

Der italienische Kommandeur der Afghanistan-Truppe Isaf im Westen des Landes, Brigadegeneral Claudio Berto, kündigte indes an, dass die Stadt Herat als eine der ersten in afghanische Verantwortung übergehen könne. Herat sei "bereit für die Übergabe", sagte Berto während einer Video-Konferenz mit Journalisten in Washington. Dem Taliban-Aufstand mangele es in der drittgrößten Stadt Afghanistans an Unterstützung.

Derzeit sind etwa 150.000 Soldaten der internationalen Truppen im Land stationiert, um die Taliban zu bekämpfen. Bis Ende 2014 wollen die afghanische Armee und Polizei die Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung und der öffentlichen Ordnung von den internationalen Truppen übernehmen.

(AFP)

Das ukrainische Verfassungsgericht hat die Position des Staatschefs maßgeblich gestärkt. Die Richter erklärten eine Regelung von 2004 für verfassungswidrig, mit der viele Befugnisse des Präsidenten dem Parlament übertragen worden waren. Mit seinem Urteil macht das Gericht den Weg für den pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch dafür frei, sein Kabinett zu bestimmen. Das osteuropäische Land dürfte damit zum Präsidialsystem zurückkehren, wie es in vielen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken auch besteht.

Die aufgehobene Regel hatten Janukowitschs Anhänger im Machtkampf mit seinem Widersacher Viktor Juschtschenko vor sechs Jahren selbst unterstützt. Damit sollte der Handlungsspielraum von Juschtschenko eingeschränkt werden. Der pro-westliche Politiker war während der sogenannten Orangenen Revolution an die Macht bekommen. Durch die Regelung wurden Ministerpräsident und Kabinett nicht von ihm, sondern vom Parlament bestimmt. Diese Konstellation führte immer wieder zu Konflikten Juschtschenkos mit der Kammer sowie mit Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Der Machtkampf lähmte die Regierungsgeschäfte und trug schließlich zu Juschtschenkos Wahlniederlage Anfang des Jahres bei.

Seit der Wahl von Janukowitsch bemühte sich dessen Lager um die Wiederherstellung der alten Machtposition und beantragte beim Verfassungsgericht die Aufhebung der Regelung von 2004. Janukowitschs Anhänger setzen darauf, dass ein mit größeren Befugnissen ausgestatteter Präsident zentrale Reformen in dem Land durchsetzen kann. Angesichts leerer Kassen hängt die Ukraine von einem 15 Milliarden Dollar schweren Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) ab.

(Reuters)

Ein mutmaßlicher Terrorhelfer der sogenannten Sauerland-Gruppe hat sich vor dem Frankfurter Oberlandesgericht weitgehend geständig gezeigt. Er sei als türkischstämmiger Deutscher in den Sog der radikalen Muslime geraten, sagte der 28-jährige Salih S. am Freitag. In seinem Freundeskreis habe es einen Muslim gegeben, der "mich besonders geprägt hat", sagte Salih S. vor Gericht. Zuerst seien die Besuche in der Moschee immer häufiger geworden. Dann habe er sich auch äußerlich verändert: Bart und lange Haare. Es sei so gewesen, "dass man gar nicht gemerkt hat, dass man in diesen Strom hineinkam".

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, für die terroristische Sauerland-Gruppe zwischen November 2006 und März 2007 zahlreiche Ausrüstungsgegenstände für den paramilitärischen Einsatz gekauft und weitergegeben zu haben, darunter Kampfbekleidung, GPS- und Nachtsichtgeräte. Dem Hauptangeklagten im Sauerland-Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Adem Y., hat S. laut Anklage auch seine EC-Karte für die Finanzierung terroristischer Aktionen zur Verfügung gestellt. Laut Anklage war S. auch Mitglied der Islamischen Jihad Union (IJU) und hat ein Ausbildungslager der IJU in der pakistanischen Grenzregion Waziristan besucht.

(dapd)

Der Justizausschuss im Thüringer Landtag hat die Immunität von Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow aufgehoben. Hintergrund seien Ermittlungen der Dresdner Staatsanwaltschaft nach einer Demonstration gegen Rechtsextreme in Dresden, sagte Ramelow am Freitag in Erfurt. Ihm werde vorgeworfen, durch eine Blockade gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben.

Ramelow bezeichnete das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als "infam". Sein politisches Engagement werde dadurch "in ein strafrechtliches Licht gesetzt". Ramelow hatte am 13. Februar in Dresden an einer Demonstration gegen einen Aufmarsch Tausender Rechtsextremer am 65. Jahrestag der Zerstörung der Stadt durch alliierte Bombenangriffe teilgenommen. Linken-Politiker aus Thüringen, Sachsen und Hessen sowie Bundesabgeordnete hatten eine Open-Air-Sitzung als Protestaktion abgehalten.

(dapd)

Während der Feiern zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Nigerias sind am Freitag in der Hauptstadt Abuja mehrere Sprengkörper explodiert. Augenzeugenberichten zufolge kamen mehrere Menschen ums Leben, zudem habe es auch zahlreiche Verletzte gegeben. Die Bomben explodierten in der Nähe des Justizministeriums, nur etwa 200 Meter vom Platz der zentralen Feiern entfernt. Rebellen aus dem nigerianischen Nigerdelta hatten zuvor Bombenanschläge angekündigt.

Mehreren Mitgliedern der Rebellen sei es gelungen, in die Sicherheitszone einzudringen und Sprengkörper zu platzieren. Die eigentliche Feier, die im nigerianischen Fernsehen live übertragen wurde, wurde ungeachtet der Zwischenfälle fortgesetzt. Bei der Übertragung kamen die Explosionen nicht zur Sprache.

Mend-Rebellen hatten vor mehreren Monaten mit Sprengstoffanschlägen regionale Friedensgespräche in Port Harcourt im Nigerdelta gestört. Teile der Rebellen haben sich von dem im vergangenen Jahr aufgenommenen Friedensprozess mit der Regierung losgesagt. Nigeria begeht an diesem Freitag den Jahrestag der Unabhängigkeit.

(dpa)

Im Kampf gegen die Volkszählung 2011 haben Datenschützer und Bürgerrechtler vor dem Bundesverfassungsgericht eine schwere Niederlage einstecken müssen: Das Gericht nahm die vom "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" unterstützte Beschwerde gegen das "Zensusgesetz 2011" nicht zur Entscheidung an. Die Beschwerdeschrift erfülle nicht die Mindestanforderungen an die Begründung von Verfassungsbeschwerden, heißt es in dem Beschluss.

Im Juli hatten die Bürgerrechtler mit Unterstützung des Arbeitskreises und unter großem Medieninteresse die Klage gegen das Zensusgesetz in Karlsruhe eingereicht. Nach ihrer Auffassung verletzt die Datenerhebung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Arbeitskreis hatte Anfang des Jahres großes Aufsehen erregt, als er an der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung beteiligt war. Eine Sprecherin verwies auf eine weitere Verfassungsbeschwerde anderer Kläger gegen die Volkszählung, die noch in Karlsruhe anhängig ist.

Im Gegensatz zu früheren Zählungen wird nach dem "Zensusgesetz 2011" nur ein Teil der Bevölkerung direkt befragt. Der Zensus stützt sich vor allem auf Daten aus den Registern der Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit. Bürgerrechtler kritisieren jedoch, dass Daten über Migrationshintergrund, Beruf und Religionszugehörigkeit über eine Kennziffer einzelnen Menschen zugeordnet werden könnten. In der Bundesrepublik gab es zuletzt 1987 eine von vielen Protesten begleitete Volkszählung. Die DDR führte die letzte Volkszählung 1981 durch.

(dpa)

© sueddeutsche.de/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: