Polen:Warschaus Propaganda

Die konservative Regierung bricht geltendes Recht.

Von Florian Hassel

Auf den ersten Blick sind die Aussagen polnischer Politiker in Brüssel, Straßburg oder Warschau erstaunlich: Gesetzesbrüche gebe es nicht, Europa sei falsch informiert und mache Polen grundlos zur Zielscheibe. Dabei sind die Gesetzesbrüche durch die Regierung der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (Pis) gut dokumentiert - ob bei Gesetzeslesungen, bei der Einschränkung der Unabhängigkeit öffentlich-rechtlicher Medien und, vor allem, beim Angriff auf das Verfassungsgericht.

Doch das Leugnen jeden Rechtsbruchs zielt gar nicht auf das Europaparlament, die EU-Kommission oder die westeuropäische Öffentlichkeit. Es soll vielmehr die Polen selbst erreichen, die Wähler der PiS, welche die Partei bei der Stange zu halten versucht - genauer: die Polens faktischer Herrscher Jarosław Kaczyński bei der Stange zu halten versucht. Wie seine benachbarten Autokraten Wladimir Putin und Viktor Orbán weiß Kaczyński, dass ein großer Teil des heimischen Publikums auf Propaganda hereinfällt, solange diese entschlossen wiederholt wird. Wie das geht, sieht man derzeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Polens, dessen Nachrichten binnen Tagen zur Propagandaveranstaltung abgesunken sind.

Vor einigen Tagen hat Kaczyński bekräftigt, dass seine "Revolution" weitergehen wird. Europa bleibt derzeit nur, Warschaus Rechtsbrüche zu dokumentieren und beim Namen zu nennen.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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