Parteitag:Ja zum Markt und internationalen Militäreinsätzen

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Partei mit "Führungsanspruch": Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner (vorne) mit den beiden Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck, hier bei der Vorstellung (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Überwiegend virtuell treffen sich am Wochenende die Delegierten der Grünen, um über ein Programm zu diskutieren , dessen Diktion manche aus der Gründergeneration auf die Barrikaden getrieben hätte.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Es soll eine Demonstration grünen Selbstbewusstseins werden, aber auch auf die Härten einer Regierungsbeteiligung einstimmen. Von diesem Freitag an wollen die Grünen sich zum digitalen Parteitag zusammenschalten und ein neues Grundsatzprogramm verabschieden. "Wir formulieren einen Führungsanspruch. Als Bündnispartei machen wir ein Angebot an die Breite der Gesellschaft", kündigte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Mittwoch an. In unruhiger Zeit setzte seine Partei "die Bausteine der Welt neu zusammen auf der Basis von Ökologie, Selbstbestimmung, Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden." Es werde, schob er noch hinterher, "der größte Parteitag der grünen Geschichte".

Letzteres bezog sich wohl auf die Zahl der Zuschauer. Denn anders als geplant findet der Grünen-Parteitag nicht in Karlsruhe statt, sondern wegen der Pandemie im Netz. Gesendet wird aus dem Berliner Tempodrom, wo einige wenige Parteiobere unter strengen Hygieneregeln zu den Delegierten daheim sprechen. Ein dreitägiger Parteitag stehe da an "aus mehr als 700 Wohn- und Arbeitszimmern heraus", sagte Kellner. Anders als früher könnten sich aus sozialen Netzwerken auch Nicht-Grüne zuschalten.

Anders als früher sind auch einige Inhalte, die die Grünen in knapp drei Jahren zusammengetragen haben. "So vielfältig wir als Bündnispartei sind, so offen sind unsere Arme mitzumachen, Bündnisse zu schmieden", heißt es im Leitantrag des Bundesvorstands. Anschlussfähigkeit - möglichst ohne Profilverlust - das ist ein Grundmuster im Programm, dessen Diktion manche Parteigründerinnen und -gründer auf die Barrikaden getrieben hätte.

Eine Kampfabstimmung wird beim Thema grüne Gentechnik erwartet

"Polizei und Sicherheitsorgane garantieren die Sicherheit im Innern", heißt es etwa im Leitantrag. Die Dynamik und Schaffenskraft von Märkten sei "unverzichtbar, um die großen Herausforderungen der ökologischen Krisen zu bewältigen". Internationale Militäreinsätze auch ohne UN-Mandat schließt die Parteispitze nicht aus, sondern bezeichnet sie als mögliches "Dilemma" bei der Durchsetzung des Völkerrechts. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt meldete hier bereits Gesprächsbedarf an. Aber auch staatliche Fürsorge für Benachteiligte wird angesichts wachsender Verunsicherung stärker betont als früher. "Die Finanzierung einer starken Daseinsvorsorge ist öffentliche Aufgabe", heißt es im Entwurf.

Eine Kampfabstimmung wird beim Thema grüne Gentechnik erwartet. Die Parteispitze will die traditionell ablehnende Haltung der Grünen etwas relativieren, auch weil viele Jüngere vor Wissenschaftsfeindlichkeit warnen. "Forschung zu neuer Gentechnik soll ebenso gestärkt werden wie alternative Ansätze, die auf traditionelle Züchtungsverfahren setzen", heiß es da. Der Ortsverbands Wolfratshausen lehnt das ab und will jede Forschung im Bereich Gentechnik unterbinden. Für Ärger dürfte auch das bedingungslose Grundeinkommen sorgen und die Frage von Basisdemokratie. Die grüne Jugend fordert mehr Transparenz und Kontrolle bei der Polizei. Umstritten ist aber auch, wie konsequent die Klimaziele von Paris erreicht werden müssen.

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