Parteitag in Köln:AfD brüskiert ihre Vorsitzende

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Frauke Petry scheitert mit ihrem Versuch, einen "realpolitischen Kurs" durchzusetzen. Die Partei wählt Alexander Gauland und Alice Weidel zu Spitzenkandidaten.

Von Jan Bielicki und Jens Schneider, Köln

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hat auf dem Bundesparteitag in Köln eine schwere innerparteiliche Niederlage erlitten. Sie scheiterte mit ihrem Versuch, die AfD auf einen "realpolitischen Kurs" zu führen, um für das konservativ-bürgerliche Lager attraktiv zu bleiben. Eine Debatte darüber fand jedoch nicht statt. Der Parteitag beschloss mehrheitlich, sich nicht mit ihrem Anliegen zu befassen. Petry räumte eine Niederlage ein und sagte, sie werde nun die weitere Entwicklung der AfD beobachten. Sie bleibe aber Parteivorsitzende und wolle auch in den Bundestag.

Der Parteitag wählte als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl die Ökonomin Alice Weidel aus Baden-Württemberg und den Partei-Vize Alexander Gauland aus Potsdam. Petry hatte bereits vor dem Parteitag auf die Spitzenkandidatur verzichtet in der Hoffnung, die von ihr gewünschte Richtungsentscheidung zu ermöglichen. Gauland sagte nach seiner Wahl in das Spitzenteam,die Partei brauche diese Entscheidung nicht. Zur Frage einer Regierungsbeteiligung sagte er: "Verantwortung können wir nur auf Augenhöhe übernehmen. Da wir das noch nicht so sind, ist das noch keine Frage der nahen Zukunft."

Weidel ist Ökonomin und gehört dem AfD-Bundesvorstand an. Sie beschrieb sich auf dem Parteitag als "freiheitlich-konservativ". Sie fiel zuletzt durch islamkritische Aussagen auf. Zudem forderte sie jene in Deutschland lebenden Türken zur Rückkehr in ihr Heimatland auf, die für die dortige Verfassungsänderung gestimmt hatten. Weidel und Gauland hatten sich ausdrücklich gemeinsam zur Wahl gestellt, und dies zur Bedingung gemacht. Sie haben einen offenen Dissens über die Frage des Umgangs mit dem rechtsnationalen Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Gauland lehnt dessen Ausschluss aus der Partei ab, Weidel hat dafür gestimmt. Beide erklärten, dass sie das Verfahren gegen Höcke nun abwarten wollen.

Gegen den Parteitag gingen am Samstag Tausende Menschen auf die Kölner Straßen, am Sonntag waren es nur noch ein paar Hundert. Nach Schätzungen mehr als 10 000 Menschen folgten einem Aufruf eines Bündnisses von Gewerkschaften, Verbänden, Religionsgemeinschaften und allen großen Parteien von der Linken bis zur CDU und protestierten auf dem Platz vor dem Tagungshotel. Kirchenvertreter und Spitzenpolitiker aus Stadt, Land und Bund griffen die AfD scharf an: "Erst gehen die Parolen spazieren und dann die Messer", sagte Kölns parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Zu einem Protestkonzert des Festkomitees Kölner Karneval kamen deutlich mehr als 10 000 Zuhörer.

Am Samstagmorgen hatten Protestierende vor allem aus der linksextremen Szene versucht, die Zugänge zur polizeilichen Sperrzone rund um das Tagungshotel zu blockieren. Die Polizei, die mehr als 4000 Beamte im Einsatz hatte, konnte alle AfD-Delegierten sicher ins Hotel geleiten. Nur vereinzelt kam es zu Rangeleien, zwei Polizisten wurden dabei verletzt. Am Rande eines Zuges von Demonstranten eines linken Aktionsbündnisses gingen Fensterscheiben einer Bank und einer Imbissfiliale zu Bruch.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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