Parteien:SPD ringt um Haltung zu großer Koalition

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Berlin (dpa) - Der SPD droht wegen des möglichen Eintritts in eine große Koalition eine Zerreißprobe beim Parteikonvent.

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Berlin (dpa) - Der SPD droht wegen des möglichen Eintritts in eine große Koalition eine Zerreißprobe beim Parteikonvent.

„Niemand von uns empfindet Freude bei dem Gedanken an eine Große Koalition. Aber man muss sich eben auch anschauen, was die Alternativen wären“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der „Welt“ (Freitag). Die Politik habe nicht das Recht, „so lange wählen zu lassen, bis das Ergebnis passt“. Parteichef Sigmar Gabriel will den rund 200 Delegierten bei dem Parteikonvent am Freitagabend in Berlin einen Vorschlag unterbreiten, wie die SPD nun verfahren soll.

„Oberste Prämisse ist es, die Partei zusammenzuhalten“, hieß es am Donnerstag im Willy-Brandt-Haus. Weil räumte ein, viele Mitglieder zeigten „eindeutig keine Neigung, sich erneut auf eine Große Koalition einzulassen“. Komme es trotzdem dazu, seien „eine Reform des Arbeitsmarktes, ein ernsthaftes Management der Energiewende und eine gesamtstaatliche Anstrengung für mehr Bildung“ entscheidende Aufgaben.

Nach Sondierungsgesprächen könnte ein weiterer Konvent über die Aufnahme konkreter Verhandlungen abstimmen. Mehrere Landesverbände macht sich zudem für einen Entscheid der rund 470 000 SPD-Mitglieder über einen möglichen Koalitionsvertrag stark. Je nach Verlauf des Konvents könnte es sein, dass es auch in der kommenden Woche noch keine Gespräche mit der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt. Womöglich braucht die SPD weitere Beratungszeit.

Da CDU/CSU nur fünf Mandate zur absoluten Mehrheit fehlen, fürchtet die SPD, in einem solchen Bündnis zu wenig durchsetzen zu können. Zudem gilt Nordrhein-Westfalens einflussreiche SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bisher als Gegnerin einer großen Koalition. Verwiesen wird auf mögliche finanzielle Zugeständnisse der SPD-regierten Länder bei einem solchen Bündnis im Bund - und auf die Sorge um ein gutes SPD-Abschneiden bei den Kommunalwahlen in NRW am 25. Mai 2014.

Noch ist unklar, ob die SPD bereits am Freitag konkrete Vorbedingungen für Gespräche mit der Union formulieren wird. „Wir müssen das Maximum auf den Tisch legen, Mindestlohn und Abschaffung Betreuungsgeld reichen da nicht“, sagte Baden-Württembergs Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) der Nachrichtenagentur dpa.

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, verlangte im Fall eines schwarz-roten Bündnisses die Hälfte der Ministerposten für die SPD. „Wir wollen keine große Koalition. Wir empfehlen die Grünen als Koalitionspartner“, sagte Kahrs der „Passauer Neuen Presse“. „Wenn die Union dennoch mit uns etwas anfangen möchte, muss sie zur Kenntnis nehmen: Es geht nur mit Verhandlungen auf Augenhöhe.“ Mehrere SPD-Politiker nannten explizit das Finanzministerium, das man bekommen müsse.

Die rheinland-pfälzische SPD-Regierungschefin Malu Dreyer kann sich eine Minderheitsregierung der CDU vorstellen. „Es klingt immer so schrecklich“, sagte sie dem Radiosender RPR1. In der bisherigen Legislaturperiode habe Merkel im Bundestag in vielen Situationen keine eigene Mehrheit gehabt. „Die SPD und die Grünen waren verlässliche Partner in allen möglichen Themen.“ Denkbar seien punktuelle Vereinbarungen. Fraktionsvize Axel Schäfer hatte für den Konvent eine Entscheidung über einen Mitgliedervotum ins Spiel gebracht - bisher gab es einen Mitgliederentscheid über eine große Koalition nur 1995 in Bremen, mit positivem Ausgang.

Kommt es zu Koalitionsverhandlungen und einem Koalitionsvertrag, müsste eine Mitgliederabstimmung darüber binnen drei Monaten durchgeführt werden, sagt die Satzung. In der SPD wird betont, dass ein Entscheid auch in einem Monat abzuwickeln sei. 2005 hatten Union und SPD ihre Verhandlungen bis zum SPD-Parteitag Mitte November abgeschlossen - auch in diesem Jahr findet vom 14. bis 16. November ein SPD-Parteitag statt, der einen Koalitionsvertrag billigen könnte. Gibt es aber einen Mitgliederentscheid, würde es wohl länger dauern. Trotz des erwartbaren öffentlichen Drucks wurde angesichts der Uneinigkeit in der SPD betont: „Wir haben keinen Zeitdruck.“

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