Parteien:«Ich will wieder» - Was Merkels Machtanspruch bedeutet

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Berlin (dpa) - Angela Merkel hat sich entschieden: Sie will an der Macht bleiben, auch nach 16 Jahren CDU-Vorsitz und 11 Jahren Kanzlerschaft. Was bedeutet das für die 62-Jährige persönlich, für die Union und das Land? Ein Überblick:

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Berlin (dpa) - Angela Merkel hat sich entschieden: Sie will an der Macht bleiben, auch nach 16 Jahren CDU-Vorsitz und 11 Jahren Kanzlerschaft. Was bedeutet das für die 62-Jährige persönlich, für die Union und das Land? Ein Überblick:

Nach Merkels Entscheidung, erneut für Parteivorsitz und Kanzleramt zu kandidieren, steigt die Spannung vor dem CDU-Parteitag im Dezember in Essen. Wie wird sie bei der Vorstandswahl abschneiden?

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagt der Deutschen Presse-Agentur am Montag: „Die Frage von Prozentzahlen ist etwas für die Freunde von Statistiken. (...) Ich glaube, dass wird ein guter Parteitag, weil sich alle auf die Wahl im nächsten Jahr freuen. Wir standen schon in vielen Wahlkämpfen im Feuer.“ Die Christdemokraten sind bekannt für ihren Machtwillen. Schwer vorstellbar, dass die Delegierten Merkel mit einem schlechten Ergebnis ins Wahljahr 2017 schicken.

Wie will die CDU nun enttäuschte Wähler zurückgewinnen?

Der Vorstand bringt einen Leitantrag auf dem Parteitag ein, mit dem die CDU zeigen will: Christdemokraten kümmern sich um die Alterssicherung (hier ringt sie noch mit der SPD), die Förderung von Familien (Stichwort Familiensplitting), den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Integration von Ausländern. Zudem die klare Ansage: Für Gesetzesbrecher soll die Strafe auf dem Fuße folgen. Auf Merkels Druck wurde aber ein Wort aus dem Antragsentwurf gestrichen: „Modernisierungsverlierer“. Das klang ihr zu negativ. Einen Ersatz dafür hat sie nicht. Nun heißt die Botschaft: Die CDU will niemanden stigmatisieren, sondern die Menschen mitnehmen und ihnen Mut machen.

Lange haben CDU und CSU gestritten. Ist das jetzt vorbei?

Die Schwesterparteien behaupten, sie stimmten zu 95 Prozent überein. Tauber sieht große Schnittmengen für einen gemeinsamen Wahlkampf. Unversöhnlich sind sie aber in punkto Flüchtlings-Obergrenze und Volksabstimmung (Merkel dagegen, CSU-Chef Horst Seehofer dafür).

Wie will Merkel die internationalen Erwartungen als Bollwerk gegen die Trumps, Putins und Erdogans erfüllen?

Merkel will auf der Basis westlicher Werte Politik machen. Was die Türkei betrifft, ist sie in der Zwickmühle. Zwar verabscheut sie das Vorgehen von Staatschef Recep Tayyip Erdogan gegen Oppositionelle und Medien, aber die EU hat mit ihm einen Flüchtlingspakt geschlossen - den will Merkel schon aus eigenem Interesse unbedingt erhalten. Gegen Kremlchef Wladimir Putin versucht sie, den Westen zusammenzuhalten - wie bei den Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts.

Merkel wurde in der Flüchtlingskrise massiv kritisiert - auch in CDU und CSU. Wie schwer fiel ihr der Entschluss zur erneuten Kandidatur?

Merkel sagt sie habe seit Sommer jeden Tag darüber nachgedacht. Wie nah sie an einem Verzicht war, gibt sie nicht zu erkennen. Die internationale Stimmung, dass sie nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten die letzte Verfechterin liberaler Werte sei, dürfte enormen Druck auf sie ausgeübt haben. Doch Merkel mahnt: Keiner kann die Welt alleine retten. Sie will Deutschland mit Neugier und Kraft regieren. „Ich will wieder“, sagt sie in der ARD-Sendung „Anne Will“.

Läuft sie nun Gefahr, dass viele Menschen schon wegen ihrer langen Amtszeit einen Wechsel wollen, so, wie es einst Helmut Kohl erging?

Merkels Lage ist bei aller Kritik an ihr anders als die von Kohl vor dessen Abwahl 1998. Der Westen kannte damals noch keinen islamistischen Terror, die USA waren die großen Verbündeten, Rechtspopulismus war weniger sichtbar. Viele Bürger wollen heute vor allem Sicherheit und Stabilität. Das könnte Merkels Pfund sein, denn international wird ihr attestiert, dass sie dafür steht. Und Merkel gilt anders als Kohl als Partnerin für FDP, SPD - und auch Grüne.

Wann wird Merkel den Wechsel an der CDU-Spitze einleiten?

Merkel sagt, es gebe immer jemanden, der oder die den Staffelstab übernehmen könne. Für die Wahlperiode von 2017 bis 2021 ist das aber nicht der Fall. Und was passiert danach? Merkel, die Fünfte? Oder leitet sie in der nächsten Amtszeit den Übergang ein? Merkel sagt: „Die hypothetische Fragen, was werde ich machen wenn und so weiter, die stehen im Augenblick wirklich nicht in meinem Zentrum. Das muss ich heute echt nicht beantworten, sonst sind wir ja gleich bei 2025.“

Merkel hat 1998 gesagt, sie wolle nicht als „halbtotes Wrack“ aus der Politik aussteigen. Wie fühlt sie sich heute?

Bei Anne Will sagt Merkel zu dem Zitat: „Nun hab ich mich da mal angeguckt im Spiegel. Und ich finde, dass ich das noch nicht bin.“

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