Parlamentswahlen in Griechenland:Spross des gescheiterten Systems

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Die Sozialisten haben die Parlamentswahl gewonnen. Doch der neue Premierminister Giorgos Papandreou wird Griechenland nicht aus der Krise führen.

K. Strittmatter

Zwei Mal hat er verloren gegen seinen Widersacher Kostas Karamanlis, beim dritten Mal hat es geklappt: Giorgos Papandreou, der 57-jährige Führer der linken Volkspartei Pasok, wird der neue Premierminister Griechenlands - ein Posten, den schon Papandreous Vater und Großvater innehatten.

Anhänger der griechischen Sozialisten feiern begeistert den Wahlsieg ihrer Partei (Foto: Foto: AFP)

Nach Auszählung von fast der Hälfte der Stimmen kam die Pasok auf 43,5 Prozent der Stimmen, was für eine absolute Mehrheit im 300-köpfigen Parlament reicht. Die regierende konservative Nea Dimokratia wurde abgestraft und erreichte nur noch knapp 36 Prozent.

Papandreou übernimmt ein Land, das sich in einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise befindet. Der scheidende Premier Karamanlis hatte bei seinem Amtsantritt 2004 versprochen, mit der Vettern- und Schattenwirtschaft aufzuräumen. Tatsächlich jagte unter seiner Regierung ein Skandal den anderen. Am Sonntagabend war es an Papandreou, den Griechen einmal mehr"Transparenz" und "Wandel" zu versprechen. Den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde schafften das Linksbündnis Syriza und die rechtsnationalistische Laos, die Grünen dagegen blieben darunter.

Ein ungewöhnlicher Schritt

Papandreou war sich bereits während des Wahlkampfes seines Sieges so sicher, dass er zu einem ungewöhnlichen Schritt bereit war: Seine Partei verzichtete auf Wahlplakate. Damit sparte Pasok nicht nur Geld. Papandreou verkaufte dies auch als Ausweis seiner ökologischen Gesinnung und als Zeichen dafür, dass er mit alten Ritualen brechen wolle.

Nichts brauche Griechenland im Moment mehr - in der Diagnose sind sich alle einig - als eine Abkehr von dem Nepotismus und den verkrusteten Strukturen, die das Land an den Rand des Staatsbankrottes geführt haben und die ihm mit den Waldbränden von 2007 und 2009 zwei menschengemachte Katastrophen einbrachten.

In vielem ist der studierte Soziologe Papandreou das Gegenteil vom typisch griechischen Politpatriarchen. Er raucht nicht. Er fährt Fahrrad - in Athen. Seine Mutter war Amerikanerin, er selbst wurde 1952 in den USA geboren und lebte lange in Schweden, das hört man noch heute seinem Griechisch an. Tatsächlich gibt es unter seinen Großeltern nur einen Griechen: den Großvater, Georgios Papandreou senior.

Eben dieser Großvater aber, und überhaupt der ganze Papandreou-Clan, sind dann auch schon wieder Teil des Problems. Der neue Premier verspricht den "Bruch mit der Vergangenheit" und ein "Ende der Vetternwirtschaft", die Griechenland an den Abgrund geführt hat. In den Ohren vieler Griechen klingt das merkwürdig aus dem Munde eines Mannes, der mit 29 Jahren von seinem Vater ins Parlament gehievt wurde. Er ist der Spross einer jener Familien, die sich seit Jahrzehnten an der Macht abwechseln und das gescheiterte alte System verkörpern.

Große Skepsis

Der Enkel Papandreou gab sich in den letzten Wochen alle Mühe, den Anbruch einer neuen Ära zu verkünden und setzte dabei, nach den Waldbränden vom August, auch auf grüne Themen. "Wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen sofort an die Arbeit gehen", sagte der Pasok-Mann Spiros Kouvelis, der als künftiger Umweltminister gehandelt wird: "Die Menschen haben keine Geduld mehr."

Die Skepsis unter den Wählern aber ist groß: Zu oft schon haben sie dieselben Versprechen gehört. "Es ist deprimierend. Die alte Regierung war korrupt und total unfähig", sagt die Schriftstellerin und Kolumnistin Soti Triantafyllou: "Die Probleme sind so groß und so zahlreich. Wir haben zwei Millionen Immigranten und keine Immigrationspolitik. Und das Erziehungssystem liegt in Trümmern. Das aber ist ein Erbe aus alten Pasok-Zeiten: Sie waren es, die jedem einen Abschluss hinterherwarfen. Egal, wer drankommt, mein Gefühl ist: Es gibt keinen Ausweg."

Die milliardenschweren Wahlgeschenke, die Papandreou Rentnern, Beamten und Familien versprochen hat, lassen viele daran zweifeln, dass er mit alten Unsitten brechen will. Lakis Lazopoulos, der TV-Satiriker, glaubt nicht daran: "Papandreou wird scheitern wie Karamanlis." Warum wählen ihn dann die Leute? "Wenn du todkrank bist, dann gehst du am ersten Tag zu einem Arzt. Wenn der dir nicht helfen kann, dann gehst du am Tag danach halt zum Botaniker. Die Menschen warten auf einen Zauberer und Papandreou wird ihnen ein paar Kunststückchen vorführen. Ich gebe ihm zwei Jahre."

© SZ vom 05.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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